Ende der Schonzeit für US-Schlapphüte

 

Es ist richtig, wenn sich Obama endlich für eine konsequente Verfolgung von Foltervorwürfen gegen die CIA einsetzt. Auf Befindlichkeiten der Republikaner muss er nicht mehr achten

 

Der Bruch mit der Ära Bush hat länger auf sich warten lassen, als es sich Barack Obamas Anhänger erhofft hatten. Erst nach reichlich Widerstand hat sich der US-Präsident nun dazu durchgerungen, die brutalen Verhörmethoden von CIA-Mitarbeitern im Krieg gegen den Terror genauer untersuchen zu lassen und Täter auch strafrechtlich zu verfolgen. So verständlich Obamas anfängliches Zögern aus taktischer Sicht auch war, so wichtig ist es, dass er sich jetzt klar und deutlich für eine lückenlose Aufklärung und Bestrafung einsetzt.

 

Zum einen liefert ein am Montag veröffentlichter CIA-Report weitere erschreckende Einblicke in den Umgang mit mutmaßlichen Terroristen in der Bush-Zeit. Geheimdienstmitarbeiter haben nicht einfach nur fragwürdige Anweisungen ausgeführt. Sie sind sogar noch weiter gegangen, als es die laxen Gesetze im Antiterrorkrieg erlaubt haben. Bei eindeutigen Gesetzesverstößen darf der Hinweis auf höhere Hierarchieebenen weder als Entschuldigung noch als Schutz vor strafrechtlichen Konsequenzen gelten.

 

Zum anderen sind die Argumente, die Obamas bisherige Vorsicht begründeten, inzwischen hinfällig geworden. Man darf Bushs Nachfolger im Weißen Haus unterstellen, dass es nichts mit seiner persönlichen Einstellung zu Menschenrechtsverletzungen zu tun hatte, wenn er die Vergangenheit ruhen lassen und lieber nach vorn schauen wollte.

 

Obama stand bei seinem Amtsantritt vor dem Dilemma, dass er zwar einen tief greifenden Wandel in den USA herbeiführen wollte, sich dafür aber auf den Rückhalt der breiten Öffentlichkeit - inklusive derer, die ihn nicht gewählt haben - angewiesen fühlte. Obamas Ziel war es, Mammutprojekte wie Konjunkturpakete, ein Klimaschutzgesetz und Reformen bei der Bankenregulierung sowie im Gesundheitssystem im Konsens auf den Weg zu bringen. Und ganz allgemein wollte er die in der Bush-Zeit verhärteten politischen Fronten aufweichen und die Spaltung der Gesellschaft überwinden. Wenn dafür die eine oder andere Missetat von früher ungesühnt blieb, war das für Obamas großes Ziel ein verschmerzbarer Preis.

 

Mittlerweile erscheint es aber weder notwendig noch zielführend, auf Befindlichkeiten im republikanischen Lager allzu viel Rücksicht zu nehmen. Wichtige Entscheidungen im Kampf gegen die Wirtschaftskrise sind längst gefallen. Und spätestens mit der aggressiven und populistischen Kampagne der Republikaner gegen Obamas Gesundheitsreform ist der überparteiliche Konsens gebrochen.

 

Der Präsident sollte sich stattdessen nun darauf konzentrieren, seine enttäuschten Anhänger zu versöhnen. Sein neuer Kurs gewinnt an Glaubwürdigkeit, wenn Obama auch diejenigen unter den früheren Regierungsmitarbeitern zur Verantwortung zieht, die grenzwertige Verhörmethoden angeordnet haben. Und wenn er die Verfolgung von Foltervorwürfen zur Chefsache macht und sich nicht hinter seinem Justizminister versteckt.

 

Aus der FTD vom 26.08.2009