Bush
- Gut gemeint, nicht gut gemacht
von Hubert Wetzel
Auch in seiner Abschiedsrede
will George W. Bush keine Fehler
eingestehen. Solange er aber jede
Einsicht verweigert, bekommt der Noch-US-Präsident
auch nicht die Anerkennung, die ihm zumindest in einem Punkt zusteht.
Man muss sich
nur anschauen, wie die großen US-Zeitungen die Abschiedsansprache
von George W. Bush aufbereiten, dann
weiß man Bescheid. Da hält der
scheidende US-Präsident eine letzte Rede
an das Volk - und niemand interessiert sich dafür. Auf der Internetseite der
"Washington Post" rangiert der Artikel zu
Bush an dritter Stelle. Bei der
"New York Times" muss man lange
suchen, bis man unter der Rubrik
"weitere Nachrichten" einen
Link zur Präsidentenrede findet. Gemessen daran, dass in den USA normalerweise jeder Halbsatz aus dem
Munde des Staatschefs als "breaking news" behandelt
wird, ist das eine fast schon unverschämte Missachtung.
Aber
Bush sollte sich nicht beklagen. Er hat eine
Politik gemacht, die von
den Amerikanern schon lange nicht
mehr mitgetragen wird. Die große Mehrheit der Bürger
will einfach nur, dass der Mann endlich
geht. Bush hatte zum Abschied nicht
mehr zu bieten
als darauf
zu beharren, dass er irgendwie
doch alles richtig gemacht habe. Und dass er bei umstrittenen
Entscheidungen zumindest immer das Wohl des Landes im Auge
hatte. Das mag so sein, aber die Tatsache, dass er guten Willens
war, entbindet den US-Präsidenten
eigentlich nicht von der Pflicht, die Verantwortung für das außen- und wirtschaftspolitische Desaster zu übernehmen,
dass er seinem
Nachfolger Barack Obama hinterlässt.
Das hat Bush in seiner Rede nicht
getan.
Solange Bush unfähig ist, seine Fehler als Fehler zu
bezeichnen - statt immer nur von "Rückschlägen" oder "Enttäuschungen" zu reden, an denen weiß der Teufel
wer die Schuld trägt, nur nicht
er -, solange wird er auch
nicht die Anerkennung erfahren, die ihm zumindest in einem wichtigen Punkt zusteht: Es war der Präsident, der trotz enormen Drucks,
gegen den Rat vieler wichtiger Berater und gegen den Widerstand des Kongresses zur Jahreswende 2007 beschloss, die Truppen im Irak
massiv aufzustocken, um das
in Blut und Terror versinkende
Land aus der Abwärtsspirale der Gewalt zu reißen.
Nach fast allen
Expertenaussagen war diese Entscheidung die Hauptursache dafür, dass der
Irak inzwischen auf dem Weg ist,
ein einigermaßen stabiles
Land zu sein. Man kann und muss Bush dafür kritisieren, dass er blind und ohne Plan in den
Krieg gerannt ist,
beseelt von der naiven Idee, auf die Panzer werde Demokratie schon folgen. Aber
man muss ihm auch Respekt dafür zollen,
dass er das Land nicht im Stich
gelassen hat, als ganz Washington und der Rest der Welt im größten
Chaos lauthals nach dem Abzug der US-Truppen riefen.
FTD.de, 17.01.2009