Geheimer Krieg in Deutschland

 

Die USA haben nach gemeinsamen Recherchen des NDR und der "Süddeutschen Zeitung" im Kampf gegen den Terrorismus von Deutschland aus Entführung und Folter organisiert. US-Sicherheitskräfte nahmen demnach auf deutschen Flughäfen Verdächtige fest. Agenten forschten laut den Recherchen für die USA Asylbewerber aus und sammelten Informationen, die bei der Bestimmung von Drohnen-Zielen eine Rolle spielen könnten. Der Aufbau geheimer Foltergefängnisse wurde einem CIA-Stützpunkt in Frankfurt am Main übertragen.

 

"Die Entscheidung, wo hingerichtet wird, fällt in Stuttgart"

 

Die investigative Zusammenarbeit von NDR und "SZ" besteht seit zwei Jahren. Das Fazit der Autoren: Deutschland ist längst Bestandteil der US-Sicherheitsarchitektur geworden. Eine US-Geheimdienstfirma, die für die "National Security Agency" (NSA) tätig ist und Kidnapping-Flüge für die CIA plante, hat bis heute Millionenaufträge von der deutschen Regierung erhalten.

 

Die US-Drohnen werden laut der Recherchen von Stuttgart und der US-Basis Ramstein aus mitbedient und töten mutmaßliche Terroristen und Zivilisten in Afrika und dem Nahen Osten. "Die Entscheidung, wann und wie wo hingerichtet wird, findet in Stuttgart statt", ist der Journalist John Goetz überzeugt.

 

Bereits Ende Mai hatte der NDR gemeinsam mit der "SZ" berichtet, dass die USA ihre völkerrechtlich umstrittenen Drohnenangriffe auch von Militärstützpunkten in Deutschland aus steuern. US-Präsident Barack Obama hatte im Juni versichert, dass Deutschland nicht als Ausgangspunkt für US-Drohnenangriffe in Afrika genutzt werde.

 

Die USA führen ihren Kampf gegen den Terrorismus in Ländern wie Pakistan, Afghanistan, Jemen und Somalia seit den Anschlägen vom 11. September 2001 mit Hilfe von Kampfdrohnen.

 

Dementi aus der US-Botschaft

 

Die US-Botschaft dementierte zentrale Aussagen der Berichterstattung. So seien die "SZ"-Artikel "voll von Halbwahrheiten, Spekulationen und Unterstellungen", erklärte die Botschaft. Die Vereinigten Staaten würden grundsätzlich "nicht entführen und foltern" sowie "den Einsatz dieser illegalen Maßnahmen durch irgendein anderes Land weder gutheißen noch unterstützen". Detaillierter wurde die Botschaft in der Erklärung nicht.

 

Zudem seien "ungeheuerliche Behauptungen" wie in der "SZ" den "deutsch-amerikanischen Beziehungen und unsere gemeinsamen Anstrengungen zur Bewältigung globaler Herausforderungen nicht förderlich".

 

Abwartende Bundesregierung

 

Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf die Veröffentlichungen. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, einige der Themen seien bereits "Gegenstand von Veröffentlichungen und parlamentarischen Befassungen" gewesen. Sollten im Rahmen des Rechercheprojekts "neue Ansatzpunkte, neue Sachverhalte, neue Aspekte" auftauchen, werde die Bundesregierung das ernst nehmen, betonte Seibert.

 

"Wir wollen in dichter Folge Enthüllungen bringen"

 

John Goetz und ein Team aus Panorama-Reportern, Datenjournalisten und SZ-Reportern veröffentlichen vom 15. November an, was sie auf ihrer mehrjährigen Recherche herausgefunden haben. Höhepunkt der Berichterstattung über den "Geheimen Krieg" ist ein Schwerpunkt am 28. November im Ersten.

 

"Wir wollen in dichter Folge Enthüllungen bringen", sagte der Leiter des SZ-Ressorts Investigative Recherche, Hans Leyendecker. Die Sendungen "Panorama" und "Beckmann" beschäftigen sich mit den Recherchen über das US-Militär und die US-Geheimdienste. Anschließend wird die Dokumentation "Schmutzige Kriege" des Autors Jeremy Scahill gezeigt. Außerdem erscheint an diesem Freitag das Buch "Geheimer Krieg" von Goetz und Christian Fuchs, die sich auf eine Reise zu geheimen Kommandozentralen gemacht haben.

 

Die Ergebnisse basieren auf Gesprächen mit Informanten aus den USA und der Recherche in US-Datenbanken. "Pensionierte US-amerikanische Sicherheitsmenschen sind sehr gesprächig", so Goetz. Er hatte kürzlich auch den Grünen-Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele beim Treffen mit dem Geheimdienst-Enthüller Edward Snowden begleitet.