Die Ohnmacht der Bilderberg-Mächtigen
Markus Diem Meier
07.06.2011
Um das
klandestine Treffen von Mächtigen aus Wirtschaft,
Politik, Militär und Adel haben sich schon
lange Verschwörungstheorien
gerankt. Jetzt findet Bilderberg ab Donnerstag in der Schweiz statt. Was uns wirklich droht.
Die Bilderberg-Konferenz macht alle froh. Dieses Jahr findet dieses Treffen der Mächtigen
aus Politik, Wirtschaft, Militär, Medien und Adel vom 9. bis zum
12. Juni im Suvretta House,
einem Luxushotel in St.
Moritz statt. Vor allem für die Verschwörungstheoretiker
ist die Konferenz ein gefundenes Fressen. Sie sehen
dahinter ein Geheimtreffen einer nicht gewählten Weltregierung. Besonders beliebt ist sie
auch bei all jenen, die ansonsten Schwierigkeiten haben, Adressaten für ihren Frust über
alle Ungerechtigkeiten der Welt zu finden.
Wenn die Bilderberger schon so viel Macht
haben, müssen sie auch für
alles verantwortlich sein, so die einfache Logik.
Auch die Medien haben ihre Freude.
Mächtige sorgen immer für Schlagzeilen.
Und wenn dann noch nicht einmal
bekannt gegeben wird, wer überhaupt
dabei ist und Journalisten und Fotografen ausgeschlossen sind, wird die Sache besonders spannend. Vom Wirtschaftsforum in Davos her
kennen wir die Debatten, die die Mächtigen führen und sie reissen uns
nicht vom Hocker. Ganz anders
bei den vermuteten und bekannten Treffen hinter verschlossenen Türen. Was dort besprochen wird, ist viel
interessanter, gerade weil wir nichts
davon wissen. Da kennt die Phantasie keine Grenzen. Und bei der Bilderberg-Konferenz findet alles hinter verschlossenen Türen statt.
Nur die Namen des Steuerungskomitees sind bekannt
Die einzigen
bekannten Namen sind die des Steuerungskomitees der Konferenz. Dazu zählen die Schweizer Joseph Ackermann, Chef der
Deutschen Bank, und Daniel Vasella, Verwaltungsratspräsident von Novartis. Teilnehmen
darf jeweils auch ein Regierungsmitglied
des Gastlandes. Diesmal wird es Bundesrätin
Doris Leuthard sein. Von früheren Treffen her weiss man, dass sich am Treffen auch aktuelle, ehemalige und künftige Staatschefs die Hände schütteln und Grosskonzerne durch ihre Topmanager
vertreten sind. Sogar Christoph Blocher war schon
dabei. Im Vergleich zum Weltwirtschaftsforum
ist die Teilnehmerzahl aber viel geringer.
Es dürften bloss etwas mehr als
100 Personen sein. Gegründet wurde die Konferenz einst vom niederländischen Prinzen Bernhard. Im Hotel
Bilderberg – daher der Name
– im niederländischen
Oosterbeek fand die Konferenz
1954 zum ersten Mal statt.
Das ganze Brimborium
um die Konferenz bestärkt wahrscheinlich sogar die Bilderberger selbst in ihrem Glauben ihres
unglaublich grossen Einflusses. Vielleicht meinen sie wirklich,
dass sie die grossen Macher der Politik, der
Wirtschaft und sogar der Geschichte sind. Die frustrierende Wahrheit ist allerdings, dass selbst diese
Leute nur wenig am Gang der Dinge ändern können,
zumindest nicht im beabsichtigten Sinn. Frustrierend ist das, weil das
jede Hoffnung zerstört, dass wir die Entwicklung der Märkte, der
Gesellschaften und letztlich
sogar der Geschichte in den
Griff bekommen können. Wenn die aktuellen Mächtigen es falsch machen,
dann müssten es wenigstens bessere
Mächtige sein, die dazu in der Lage
wären. Wenn aber gar niemand dazu in der Lage
sein kann, dann stützt und schützt uns nichts.
Daher kommt die innige Hassliebe solchen Konferenzen gegenüber. Sie vermitteln ein Gefühl von Geborgenheit.
Die beruhigende
Illusion der Macht
Diese Geborgenheit hat eine weitere Ursache:
Wenn alles, was auf der Welt passiert, letztlich auf kühle Interessen einiger weniger zurückgeht, dann müssen wir
uns nicht vor Entwicklungen sorgen, die gar niemandem nützen können, die getrieben sind von irrationalem Hass oder irgendeiner Art von ungelenktem Massenwahn. Wenn Interessen einiger Weniger im Hintergrund
der Geschehnisse stehen, können wir diese analysieren
und daraus Schlüsse und Wahrscheinlichkeiten zu weiteren Entwicklungen ableiten und uns entsprechend positionieren. Leider versagt meist auch das.
Die Entwicklungen sind grösstenteils ungewiss.
Ein Blick auf die reale Welt da draussen müsste das doch
eigentlich klar machen. Die Finanzkrise vor zwei Jahren
hat selbst die mächtigsten
Banker überrascht und schockiert.
Sie haben sich als ziemlich
unfähig dabei erwiesen, nur schon
ihre eigene Branche zu verstehen.
In der Eurokrise rennt die Politik den Ereignissen offensichtlich hinterher und sie schafft es nicht,
die Probleme in den Griff zu bekommen. Wer
hat die Bewegungen in Nordafrika
prognostiziert? Wer kann sagen, zu
was sie am Ende führen? Mächtige Wirtschaftsführer werden rasch machtlos, wenn neue Innovationen
ihre Produkte überflüssig oder zu teuer machen.
Politiker, die die Stimmung in der Bevölkerung nicht wahrnehmen, sind nicht lange am Ruder. Die scheinbar Mächtigen sind mehr die Getriebenen
als die Gestalter der Prozesse auf den Märkten und in der Gesellschaft.
Gruppendenken als einzige
Gefahr
Und darin
liegt der eigentliche Zweck solcher Treffen: Es geht nicht darum,
die geheime Regierung der Welt abzusprechen, sondern darum, im gegenseitigen Austausch die Geschehnisse da draussen besser zu verstehen. Dabei
kann es allerdings
passieren, dass sich bei den Debatten
unter solchen Leuten mit einem
vergleichsweise abgehobenen
Lebensstil ein spezielles Gruppendenken durchsetzt und man zu Erklärungsmustern findet, die sich am Ende als
besonders untauglich erweisen. Darin besteht die einzige Gefahr.