Steht endlich auf
und empört euch!
10.10.2011
Ein Kommentar von Alexander Hagelüken
Der massive Aufruhr in den USA zeigt: Im vierten Jahr
der Finanzkrise geht es erneut
darum, die Banken zu retten - zu
Lasten des Steuerzahlers. Wer hierzulande gegen diese Umverteilung
des Finanzkapitalismus protestieren
will, ist bei deutschen Parteien schlecht aufgehoben. Doch es wird
höchste Zeit, dass sich die Bürger gegen den Irrsinn erheben.
Erst waren es
wenige Menschen, die einen Park nahe der Wall Street besetzten. Leicht, sie als
Spinner abzutun, die das Milliardengeschäft nicht aufhalten werden, mit dem die Börsianer
jeden Tag die Welt dominieren.
Nun aber werden es immer mehr,
Gewerkschafter schließen sich an und auch Europäer planen Proteste. "Wir kriegen nichts, die Banker alles" - mit diesem Ruf identifizieren
sich sicher auch viele Deutsche. Im Jahr vier
der Finanzkrise beginnt der Protest gegen den real existierenden Kapitalismus. Es ist höchste Zeit, dass die Bürger aufstehen gegen den Irrsinn, der sie umgibt.
Selten seit dem
Zweiten Weltkrieg dürften sich die Bewohner des Westens so fremdbestimmt gefühlt haben wie heute.
Der Bürger in der Finanzkrise ist ein hilfloses Wesen,
das täglich schneidige Imperative der "Märkte" vernimmt. Da werden Italien herabgestuft und die USA, britische
und portugiesische Banken,
da werden riesige neue Rettungspakete kalkuliert, bevor die riesigen alten ausgeführt, geschweige denn bezahlt sind.
Keinen überrascht es mehr, dass
die Kanzlerin ihren Sonntag
drangeben muss, um mit Frankreichs Präsidenten beim x-ten Krisentreffen die Banken zu retten.
Schon wieder die Banken? Genau, jene Finanzbranche, in die Steuerzahler in Europa und den
USA schon vor drei Jahren Milliarden
gepumpt haben.
Diese Wiederholung zeigt, dass gerade
die zweite gigantische Umverteilung zu Lasten der Bürger
läuft - und wie nötig entschiedener Protest ist. Jahrelang verdienten die Banken an ihren riskanten Geschäften, doch als sie 2007/2008 strauchelten, fingen die Staaten ihre Verluste
auf und machten hierfür Schulden. Dieser Umverteilung folgt nun die zweite. Denn all die Schulden aus der
Finanzkrise überforderten
die unsolideren Euro-Staaten
wie Griechenland. Retten müssten diese Länder nach
dem Lehrbuch des Marktes vor allem
ihre Schuldner, also Banken und andere Anleihen-Besitzer. Doch es zahlt: erneut
der Steuerzahler.
Wer gegen diese
nackte Umverteilung des Finanzkapitalismus protestieren
will, ist bei deutschen Parteien schlecht aufgehoben. Die Volksparteien wirken wie Getriebene der Märkte. Was sich bei ihnen
regt, beispielsweise die Kritik der Gauweilers
und Schäfflers, läuft auf
den falschen Abschied vom Euro heraus. Die Linke wiederum hatte in Oskar Lafontaine einen Vordenker gegen ausufernde Märkte, doch ihre Gesten
erschöpfen sich im Neinsagen ohne
Lösung.
Da wird
es Zeit, dass auch in Deutschland Bürger auf
die Straße gehen und so die
Parteien zum Umdenken zwingen. Nicht, um den Kapitalismus abzuschaffen, sondern um ihn zu reformieren:
weniger Einfluss der Finanzmärkte. Schranken für Banken,
damit sich die Geldhäuser mehr um Kredite kümmern als um Derivate. Und: eine gerechte Verteilung der Krisenkosten. Dass die Deutsche Bank bis vor kurzem einen
Rekordgewinn für dieses Jahr plante, während
die Regierung neue Milliardenlasten schultern musste, sagt viel
aus.