Barack Obama zwischen Pest
und Cholera
Von Thomas Spang
30. Jan 2011
Die USA müssen
den Protest in Ägypten stützen
- schon allein, um die Islamisten in Schach zu halten.
Amerikas Präsident Barack Obama steht
in Ägypten vor der Wahl zwischen Pest und
Cholera. Moralisch
müsste sich seine Regierung ohne Einschränkungen auf die Seite des
Volkes schlagen, das sich gegen einen
Diktator auflehnt, der Ägypten seit
drei Jahrzehnten mit eiserner Faust regiert.
Aus geostrategischer Perspektive kann Washington umgekehrt nicht das geringste Interesse an einer Destabilisierung der größten arabischen Nation haben. Hosni
Mubarak hat diese Stabilität
in einer insgesamt labilen Region bisher garantiert.
Realpolitisch geht es
für das Weiße Haus darum, einen
Weg zu finden,
der die Glaubwürdigkeit des
eigenen Anspruchs mit den legitimen Sicherheitsinteressen der Region abgleicht. Diese Ausgangslage bereitet
Obama Schwierigkeiten, den richtigen
Ton zu finden. So entsteht der Eindruck,
die US-Regierung hinke den Entwicklungen hinterher.
Eine
nüchterne Analyse der Ereignisse in Kairo lässt keinen
Zweifel, dass die Zukunft Ägyptens nur ohne den angeschlagenen
Mubarak vorstellbar ist. Alles andere würde
den Ruf des Volkes nach Freiheit und Selbstbestimmung ignorieren.
Das Weiße Haus wird
deshalb nicht daran vorbeikommen, seine Zurückhaltung aufzugeben. Andernfalls könnte jeder noch verbliebene Einfluss endgültig verloren gehen. Obama muss
dem alten Verbündeten unmissverständlich
den Weg zur Tür weisen. US-Diplomaten könnten helfen, einen Übergangsplan
zu entwickeln, der die Energie
der Straße kanalisiert. Die für den Herbst angesetzten Scheinwahlen könnten zu freien, gleichen
und fairen Wahlen unter internationaler Aufsicht aufgewertet werden.
Wenn die USA dem weiteren Geschehen tatenlos zusehen, riskieren sie, dass sich extremistische
Kräfte an die Spitze der Revolution setzen. Da Mubarak
das Entstehen einer moderaten, säkularen Opposition
in Ägypten unterdrückt hat,
scheinen die Anhänger der islamistischen Muslimbruderschaft die einzigen zu sein, die gut genug für einen
Aufstieg zur Regierungsmacht organisiert sind.
Dies wäre in mehrfacher Hinsicht eine Katastrophe. Die Islamisten haben weder eine
Demokratie noch Menschen- und Bürgerrechte im Sinn. Sie drohen, den Frieden
mit Israel aufzukündigen
und sich mit dem Gottesstaat Iran zu verbünden. Obama muss
den verbliebenen Einfluss der USA offensiv nutzen und Führung zu zeigen, um in Ägypten nicht mit
Pest u n d Cholera zu enden.