Nichts oder das Richtige?
4.
Nov 2013
Seit die Berichte über die Bespitzelung von Toppolitikern durch die NSA ans Licht geraten
ist, machen sich auf einmal auch Abgeordnete des deutschen Bundestages in grosser Zahl für ein
Asyl für den Whistleblower
Edward Snowden stark. Ein Dilemma, aus dem sich
dortige Regierungspolitiker
fast nicht mehr rauswinden können, droht.
Seit das grüne Urgestein Hans-Christian Ströbele
in Moskau mit Edward Snowden
in dessen Moskauer Asyl ein Plauderstündchen
hatte, ist Feuer im Dach
der Deutschen Regierung. Zwar weiss man (noch) nicht, was da genau
geredet wurde, aber es wurde
bekannt, dass Snowden gerne in Deutschland aussagen und
womöglich gleich auch noch Asyl
bekommen würde.
Die
CDU/CSU-Fraktion ist hingegen nur
an den Aussagen des Whistleblowers interessiert - der Mann mit den Informationen selbst kann ihnen
hingegen gestohlen bleiben: Snowden ist für Angela Merkel und ihre Parteifreunde eine brandheisse Kartoffel, die sie am liebsten gar nie anrühren würden.
Doch alleine der Wunsch nach
den Informationen, die dieser
hat, beinhaltet praktisch auch die Verpflichtung, den Informanten aufzunehmen. Denn der Wunsch
nach Aufklärung ohne Gewährung von Asyl ist in etwa
gleich zu setzen mit dem
Wunsch Spiegeleier zu machen ohne
Eier zu zerschlagen.
Die
Risiken für Deutschlands Regierung auf diplomatischer Ebene sind enorm. Eine
Vielzahl von Bündnis- und anderen Staatsverträgen stehen da einerseits
im Weg. Und jede Menge von der Öffentlichkeit noch unbekannten Risiken - zum Beispiel
was die Verwicklung der eigenen Nachrichtendienste in die
Bespitzelung der eigenen Bürger angeht - machen nicht wenigen Regierungsmitgliedern
garantiert jede Menge Kopfschmerzen. Und auch nicht vergessen
darf man dabei, dass der neue
Regierungspartner, die SPD,
seinerzeit unter Gerd Schröder vermutlich
auch schon mit der NSA kooperiert
hat. Wenn es um die Güterabwägung zwischen «Demokratie» und «Parteiraison» geht, wissen wir
ja alle ziemlich
genau, welcher Sache der Vorzug
gegeben wird.
Doch nicht nur in Deutschland sprechen sich immer mehr
Politiker für ein Asyl für
Edward Snowden aus - auch
in anderen Ländern ist die moralische Empörung über die Aktivitäten der NSA immer weiter am Hochkochen, so dass sogar in der Schweiz
nun ernsthaft von Politikern
gefordert wird, Snowden Asyl zu geben.
Selbst wenn die Nationalrätin Micheline Calmy-Rey unter diesen ist, sollte
man die Idee nicht sofort in Bausch und Bogen verdammen, denn womöglich hat Snowden auch über die Aktivitäten der NSA in der Schweiz interessante Informationen.
Allerdings wäre ein Alleingang für die Schweiz riskant - womöglich riskanter noch, als ein solcher
für Deutschland wäre. Andererseits könnte Snowden als Brücke dienen,
um die bald wieder an der Regierung beteiligten Deutschen Sozis der Schweiz gegenüber
wieder wohlgesonnener zu stimmen. Eine
Aufnahme des Whistleblowers in der
Schweiz und die Einwilligung,
Deutschland diesen bei uns befragen lassen
zu dürfen wäre mehr, als
nur ein dezentes
Signal zu einer Annäherung. Natürlich müsste vorher vertraulich
vereinbart werden, dass Deutschland und andere an einer Befragung interessierte Länder der Schweiz gegen
die Reaktionen der USA einen gewissen Beistand bieten würden.
Die
Logiken die hier zum spielen kommen,
müssten einen eigentlich beelenden, denn Snowden ist seit seiner Flucht zur Schachfigur mit eingebautem Schwarzem Peter geworden. Von
Putin instrumentalisiert als
geschützter Freiheitsheld,
von Politikern gleichermassen
begehrt als Informationsquelle und verabscheut
als diplomatische Tretmine, enthüllt sein Schicksal fast noch mehr als
seine Informationen auf welch
nicht existentem moralischen Niveau sich die Politik (nicht erst seit
heute - aber eben, man sieht das sonst nicht so plastisch) bewegt.
Es
wäre daher ganz nett, wenn
- egal wie zweifelhaft die impliziten Motive
der involvierten Staaten auch sind
- zumindest das moralisch richtige (egal wie lächerlich dieses für manche Interessens-Politisierende
auch sein mag) getan würde.
Dass dies bei einem so mächtigen Gegner in dieser Sache wie der
USA etwas diplomatische Absicherung benötigt, ist klar. Aber
wenn die Schweiz so das Richtige machen und sich dabei nicht
nur Feinde aber auch neue
Freunde schaffen könnte, wäre das eine regelrechte Abwechslung.
Doch bleiben wir realistisch: Am Schluss dürfte mal wieder gar nichts getan werden - nach dem Motto, dass wer nichts
macht auch nichts falsch macht.
Egal wie falsch dies auch sein mag.