Rick Ahmadinedschad
2. Mrz
2012
Jetzt gerade finden
die Wahlen - obwohl «Pseudowahlen» wäre zutreffender als Beschreibung - des Parlaments in der «Islamischen Republik» Iran statt und am nächsten Dienstag ist der sogenannte
Vorwahl-Super-Tuesday, in dem
in zehn US-Staaten gleichzeitig über den republikanischen Hersausforderer
von Präsident Obama abgestimmt
werden kann. Zwei Wahlgänge mit verblüffenden
Parallelen.
Auch wenn der
Iran von den USA nur als «grossem Satan» spricht und der Iran handkehrum von vielen Amerikanern immer noch als
ein Reich des Bösen angesehen wird, so sind die Wähler bei diesen beiden
Wahlen doch in erstaunlich ähnlichen Situationen: Die Auswahl der Kandidaten lässt grausam zu
Wünschen übrig, die Kandidaten versuchen sich gegenseitig in Radikalität zu übertreffen und schrecken auch vor schmutzigsten
Attacken nicht zurück.
Bei den Republikanern ist Mitt «meine
Frau fährt zwei Cadillacs und 374'000 $ für eine Ansprache ist nicht viel
Geld» Romney in einer Zwickmühle.
Er hat sich zwar aus dem
Tief, in dass ihn sein Gegner
Santorum und seine eigene Flappsigkeit
hinein getrieben haben, mit extrem
viel Geld und einer Rhetorik, die sich an die Kernwähler seines Gegners wendet, heraus gemüht. Doch der
Preis wurde
nicht nur durch seine Wahlkampfkasse bezahlt, sondern auch mit seiner generellen Wählbarkeit. Und dies liegt an seinem Gegner, an den sich
Romney nun angenähert hat.
Rick Santorum vereinigt das übelste, was Republikanertum und Katholizismus zusammen im Licht der
Öffentlichkeit hervorbringen
können, ohne gleich eine Verhaftung
zu provozieren. Er geifert in bester katholischer Tradition gegen die Trennung von Kirche und Staat (diese bereite
ihm «Übelkeit»: «it makes
me sick!»), ist gegen Verhütung, Abtreibung sowieso, Liberale, Frauenrechte, Homosexuelle, Bildung und Menschenrechte für alle Menschen NACH
der Geburt. Er tönt in der
Regel so, als
würde er liebend gern alle
gesellschaftlichen Fortschritte
seit dem 17. Jahrhundert wieder rückgängig machen.
Um nun also halbwegs bei den Troglodyten, die ihre Stimmen in den Trog von Santorum schmeissen würden, zu Punkten, gebiert
sich auch Mitt Romney - der auch schon
ganz vernünftige politische Entscheide traf, in seiner Karriere - wie ein mittelalterlicher
Einpeitscher und macht sich immer unwählbarer
für all jene, die daran glauben, dass es gut ist,
dass auf den Marktplätzen keine Scheiterhaufen mehr stehen.
Der einzige
Trost: Immerhin ist es möglich, am Ende, bei den echten Wahlen im November, weder Romney noch Santorum zu wählen, sondern
Obama im Amt zu Bestätigen (oder, salopp gesagt, den grippalen Infekt vor Pest und Cholera auszusuchen).
In diesem Sinne haben es die Iraner
weniger gut. Ihnen bleiben wirklich
nur Pest und Cholera, sprich,
sie leben in der Welt, wie sie
sich Rick Santorum wünscht.
Einfach mit Halbmond statt
Kreuz.
Der Kampf zwischen Präsident Ahmadinedschad und Revolutionsführer Khamenei hat grausame
Formen angenommen. Dass sich
dabei Ultrakonservative und
Radikalkonservative bekämpfen,
macht die Sache umso hässlicher, denn von den politischen Positionen sind
sie sich nahe - so bleibt ihnen nichts übrig,
als eine Schlammschlacht anzuzetteln. Damit ihnen dabei
niemand dazwischen funkt, haben sie
- auch im Gedenken an die brutal niedergeschlagenen
Unruhen - alle Oppositionskandidaten oder
gar -parteien verbieten lassen. So können sich die Gegner ganz und gar auf den Kampf miteinander Konzentrieren, sich Korruption und Verluderung vorwerfen und so tun, als wären
alle Probleme Irans nur auf a) die USA und
Israel und b) den politischen Gegner
zurück zu führen.
In einem
sind sich
aber beide Seiten - ausser ihrem Hass auf die USA und ihrem Wunsch nach einer
Atombombe - auch noch einig, nämlich
darauf, dass Liberale, Homosexuelle, Frauen-
und Menschenrechte und Verhütung
wo und wann immer möglich bekämpft
werden müssen. Denn Gottesstaaten und Gottespolitiker haben - zumindest wenn sie sich auf den bösen alten Jahwe
und seine Inkarnationen berufen
- immer ein paar Gemeinsamkeiten: Homophobie, Frauenhass und eine Abscheu für
freies Denken.
Das schreckliche
für die iranischen Wähler ist
definitiv, dass dies die echten, endgültigen Wahlen zwischen den einzigen zwei Lagern
sind, die ausgesucht werden können. Keine weitere Alternative, die am
Schluss noch winken würde, wie
dies in Amerika der Fall ist.
Womit wir zurück in den
USA und beim Liebling aller Neu-Inquisitoren wären. Wenn Rick Santorum am Ende scheitert - und danach sieht es derzeit
aus - dann sollte er es
sich überlegen, allenfalls vom Katholizismus zum Schiitentum überzutreten, um im Iran in die Politik einzusteigen. Dort, wo
Schwule gehängt und Liberale gefoltert werden, dürfte er sich sofort
wie zu Hause
fühlen und die Trennung von
Religion und Staat, die ihm
so viel Übelkeit bereitet, würde er so auch hinter sich lassen.