Amazonendämmerung bei den Republikanern
6. Jun 2011
Sarah Palin kennt wohl jeder.
Die Tea-Party-Ikone aus
Alaska, welche als Booster für die Präsidentschaftskandidatur
von John McCain auserkoren worden
war, half im Endeffekt mit, dessen Kandidatur
gegen Barack Obama zu versenken, weil sie mit ihren
Interviews, ihrem Auftreten
und ihrer Unerfahrenheit mehr Wähler abschreckte
als anzog.
Das hielt sie
nicht davon ab, Mitte 2009 ihr Amt als Gouverneurin
von Alaska hinzuschmeissen und in der
Folge mit einer Autobiographie, die sie nicht selbst
geschrieben hatte und einer Outdoor-Fernseh-Show Schönwetter für sich und eine mögliche
Präsidentschaftskandidatur 2012 zu
machen.
Während sie also zur öffentlichsten Person der USA wurde, kämpfte sie auf der anderen Seite
mit Händen und Füssen dagegen, dass E-Mails, die sie während ihrer durch
Vetternwirtschaft gekennzeichneten
Amtszeit als Gouverneurin von Alaska (was in Alaska allerdings
die Norm sei) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.
Obwohl nun fast 25'000 Seiten veröffentlicht werden sollen, bleiben über 2000 Seiten verschlossen, ebenso wie die grosse Anzahl von E-Mails, die sie scheinbar - obwohl es sich um amtliche
Vorgänge gehandelt hat - widerrechtlich über ein privates Mail-Konto abgewickelt hat.
Trotz ihrer Popularität
bei einem grossen Teil des rechten Spektrums der Republikaner, hat Palin noch nicht gewagt,
ihr Streben nach einer Kandidatur
bekannt zu geben. Viele Beobachter
zweifeln ernsthaft daran, dass sie
diese wirklich anstrebt und sie einfach die Aufmerksamkeit ausnützen will, um ihren Marktwert hoch zu halten. Andererseits
würde ein «No-Show» ihre Reputation auch bei ihren treuen
Anhängern ernsthaft beschädigen, selbst wenn sie als
Ausrede bringen könnte, dass sie
ihre Geschichtskenntnisse dringend auffrischen müsste (dies, nachdem sie in der letzten
Woche die Geschichte des Amerikanischen
Revolutionshelden Paul Revere bis
zur Unkenntlichkeit verdreht hatte - was auf You Tube
sofort ein Hit geworden ist).
Denn ihre Fans dürften eine Alternative haben, der sie
ihre Sympathien ebenso nachschmeissen können und die sich auch durch katastrophale
historische Ausrutscher nicht von ihrem Ziel abbringen lässt: Michele Bachmann, die auf einer
Veranstaltung in New Hampshire behauptete,
dass die Revolutionsschlachten
von Lexington und Concord in jenem Staat stattfanden. Doch die beiden Orte befinden sich
heute - wie damals - im südlichen
Nachbarstaat Massachusetts, das
in New Hampshire als Linken-Hochburg
gilt. Und das war kein Versprecher - denn die Rede hatte sie
extra für jenen Fund-Raiser
vorbereitet und war scheinbar
zu faul gewesen,
um kurz in Wikipedia nachzuschauen.
Noch krasser ihre
Aussage vom Januar, in der sie behauptete, dass die «Gründerväter der USA ruhelos arbeiteten, bis die Sklaverei abgeschafft war», eine Aussage, die schlichtweg total falsch ist. Auch diverse andere Ausrutscher halten sie scheinbar
nicht davon ab, Höheres anzustreben
und auf das Weisse Haus zu zielen.
Ihre Aussagen lassen jedenfalls darauf schliessen, dass sie der
erste weibliche Anwärter sein wird.
Vielleicht wartet Sarah Palin aber auch nur
darauf, dass Bachmann, die unter anderem auch
nicht müde wird, jede mögliche
politische Entwicklung als Zeichen eines
kommenden Weltuntergangs zu werten (was sie jeweils mit
Bibel-Versen zu untermauern versucht), antritt, weil sie
dann sicher weiss, dass sie
zumindest gegen eine Mitbewerberin des republikanischen Kandidatenfeldes
als kompetent auftrumpfen könnte.
Nicht, dass die anderen schon angetretenen/möglichen
Republikanischen Kandidaten
so viel besser sind als Bachmann und Palin, aber der einzige,
der ähnlich auffällig und schlecht war, wie die beiden, war Donald Trump,
der ja dann
den Schwanz einzog und sich wieder davon
machte.
Was die Frage
aufwirft, ob die Republikaner
mit diesen beiden zumindest in ihrer Partei eine
Amazonendämmerung garantieren
und so die Wählbarkeit für
Frauen in ihrer Partei für lange Zeit untergraben wollen. Denn am Ende wird
man sich an die zweifelhaften Kandidaten
Santorum, Christie, Johnson oder Cain nicht mehr erinnern.
Doch Bachmann und Palin werden
als weibliche Menetekel im Gedächtnis
haften bleiben.
(Patrik Etschmayer/news.ch)