Strahlenschutz à la SRF
Patrik Etschmayer
Die Sofortmassnahme
von SRF nach der Reaktor-Havarie in Fukushima
war es, vorsorglich jene Folgen der
'Simpsons' weg zu zensieren, in denen es um Atom-Kraftwerk-Störfälle gibt. Ein brillanter Schritt, fürwahr! Vor allem, nachdem
'Simpsons' schon zuvor vom SRF
für unter 12jährige als ungeeignet erklärt worden war.
Für alle die auch 24 Jahre nach
dem ersten Erscheinen dieser Trickfilmserie nicht wissen, worum es
geht: Homer Simpson, unfähiger
Ehemann, Familienvater und sehr fähiger Biertrinker
ist Angestellter im AKW von Springfield, wo er als
Sicherheitsinspektor arbeitet,
der regelmässig beim Job einschläft, völlig unqualifiziert ist und glaubt, dass «nuclear» «nucular» buchstabiert wird.
Dass Homer überhaupt dort eingestellt ist, verdankt er
dem gierigen, an einen lebenden toten erinnernden Besitzer des Atomkraftwerks,
Montgomery Burns, der für einen Cent Gewinn ohne Zögern das
Leben seiner Stromkundschaft aufs Spiel setzt.
Auf gut deutsch:
Es tönt angesichts der unglaublichen Schlampereien des Fukushima-Betreibers
Tepco im Vorfeld der Katastrophe
beinahe so, als wäre Fukushima in Springfield... oder
umgekehrt. Man darf sich also zu Recht
fragen, ob es unangebracht ist, diese Folgen zu
zeigen, und was sich das Schweizer Fernsehen
dabei gedacht hat, als es diesen
Entschluss fasste.
Denn bei den Simpsons
macht sich ja niemand über
die allfälligen Opfer eines nuklearen Zwischenfalls lustig, es wird lediglich
die Gewinngier und Verantwortungslosigkeit
von Unternehmen karikiert, wobei - wie leider
immer häufiger - die Karikatur von der Realität ein- und überholt worden ist.
Leider gibt es
bei den Simpsons keinen gierigen Banker als Charakter. Es wäre sicher interessant
gewesen, ob Episoden mit einem solchen
Bösewicht während der Finanzkrise vom Sender verbannt worden wären. Und man stelle sich nur
vor, bei den Simpsons käme
ein bösartiger Eisbär vor! Mindestens
bis zum
Ende der Knut-Trauerzeit müsste dieser von den Bildschirmen verbannt werden, um sensible Polarbär-Liebhaber nicht zu verstören.
Offiziöse Betroffenheit, wie im Simpson-Fall demonstriert, ist billig und nutzlos, möglicherweise kontraproduktiv
und auf alle Fälle ärgerlich. Natürlich kann es sein,
dass so gewisse Gefühle mancher weniger nicht verletzt
werden. Aber mit dieser krampfhaften
politischen Korrektheit werden vor allem
jene geschont, die es am wenigsten brauchen.
Doch wer weiss,
vielleicht hat SRF ja auch recht
und die Medien sollten sich nicht über
die Untaten der Mächtigen lustig machen, sollten nicht die hässliche Wahrheit in den Zeiten, in denen sie uns
durch den Filter eine selektiven Informationspolitik präsentiert wird, als jene Absurdität
darstellen, die sie ist, begangen aus
den einfachsten, kindischsten
und primitivsten Beweggründen.
Denn das Ominöse
und Böse gibt viel mehr her als
die simple Wahrheit, dass ganz oben in der
Wirtschaft und Politik leider vielfach jene sitzen, die am wenigsten Skrupel haben, das Falsche
zu machen, wenn es sich
denn lohnt und die es am wenigsten mögen, wenn sie
und ihre Taten der Lächerlichkeit preis gegeben werden...
selbst wenn dies im Vorabendprogramm bei den Simpsons passiert. Nein, auf einen Strahlenschutz à la SRF können wir gut verzichten.