Turkeys will always vote for Christmas

 

By Regula Staempfli

 

25. Okt 2010

 

Mein seit Jahren heissverehrter Politsatiriker Jon Stewart wird am 30. Oktober (restore sanity), Hand in Hand mit dem schon fast dadaistischen Zyniker Steven Colbert (Keep Fear alive) am Lincoln Memorial aufmarschieren, um Amerika und der Welt zu zeigen, dass das Land der Revolution und der Tellerwäscherkarrieren nicht vollends im Sumpf von Goldman Sachs und dem rassistischen Teewasser von Sarah Palin und Konsorten ersoffen ist. Angesichts dessen, was die rechtspopulistischen und –rassistischen Radiostationen und FOX-TV seit der Nicht-Wahl des schlechtesten Präsidenten aller Zeiten, dem George W. im Jahre 2000 an Verblödung, Menschenverachtung und Waffenverehrung geliefert haben, ein kleiner Hoffnungsschimmer.

 

Doch eben nur ein winzig kleiner. Und daran nicht unschuldig ist der «yes, we cannot»-Präsident Obama. Denn wenn die von ihm geretteten Firmen, die von ihm geretteten und perfekt boni-sanierten Banken, die von ihm nicht bestraften multinationalen Unternehmen, die von ihm gehätschelten Pharmafirmen, die von ihm in die eigene Regierung berufenen Wallstreetbankers nun Millionenspenden an Obamas politische Gegner verteilen, um ausgerechnet die politischen Kräfte an die Macht zu bringen, welche die USA und die Welt an den Rand des Ruins getrieben haben, dann muss von einer eigentlichen Mitschuld Obamas gesprochen werden.

 

Statt nach seiner Wahl die einmalige historische Chance zu ergreifen, wie dies damals Roosevelt 1933 mit dem New Deal tat, setzte sich Obama nun zwei Jahre mit seinen politischen Mördern an einen Tisch, um über eine gemeinsame Ehe zu diskutieren.

 

Selbstverständlich tat er dies mit genau dem Erfolg, dem wir Denkende (siehe auch Paul Klugman oder Joseph Stieglitz) ihm alle vorhergesagt haben: Mörder wollen töten, nicht heiraten. Obama hätte mehr Geschichte lesen statt mit Timothy Geithner und dessen Herkunftsbank Goldman Sachs über die Höhe der vertretbaren Bonis diskutieren sollen. Scherbenhaufen ist, nach zwei Jahren Obama-Administration, ein Schönwetterbegriff für die Beschreibung des Zustands, in welchem sich die USA und mit ihr teilweise auch Europa befinden.

 

Den Republikanern und der Teaparty werden in den kommenden Wahlen grosse Wahlerfolge vorhergesagt. Fast so gross wie die Zustimmung zur SVP-Ausschaffungsinitiative oder die Voraussagen eines SVP-Gewinns, der schon wie Tee à l’americane aussieht. Die Teaparty und die Republikaner, ebenso wie hierzulande die FDP und die CVP sowie die SVP, gehen mit exakt demselben Programm in den Wahlkampf, welches die USA, die Welt und eben auch die Schweiz nahe an den Abgrund geführt hat. Steuern werden noch mehr gesenkt werden, die Deregulierung wird sich auf alles erstrecken, allgemeine Güter werden dem Meistbietenden aus China, Russland, Brasilien und Indien verkauft (Verkauf von Inseln, Firmen, Allmenden, Burgen, Staatsunternehmen, Häfen, Universitäten, Spitäler etc).

 

1989 ist die Mauer gefallen und ganz Ostdeutschland wurde verscherbelt. 2008 ist der Kapitalismus gefallen, nun wird die ganze Welt für einen monopolistischen, globalen Staatskapitalismus verscherbelt. Alles steht zum Verkauf bereit: Zuallererst ist unsere Würde dran, dann unsere Arbeitsplätze, dann unser Bankkonto, dann unsere Sozialversicherungen, unser Bildungssystem schon längst, schliesslich unsere Körper und: wenn’s sein muss, auch die Körper unserer Kinder. Entortet tanzen dank des Nichtstun des Hope-Präsidenten die Grossfinanzinstitute und einflussreiche Medien- und Universitätskonglomeraten frecher über den Globus als je zuvor und verfügen mittlerweile nicht nur über alle Produktionsmittel, sondern auch über unsere Staatsfinanzen und –existenzen (siehe Wetten gegen Griechenland) wie auch über ein internationales Recht à leur disposition (siehe Bailout).

 

Wer wie Obama nach seiner Wahl vergisst, zu reformieren und statt dessen nur konserviert, darf nicht erstaunt sein, dass nicht die Schuldigen den Preis für ihr Versagen zahlen müssen, sondern wir alle. Statt auf die Anständigen, die Engagierten, statt auf Radikalität und seine eigenen Demokraten zu setzen, hat Obama (typisch für Mitte-Links) zuerst seinen politischen Gegnern hoffiert. Mit dem Resultat, das längst zu erwarten war: If asked, turkeys will always vote for christmas.