Systemrelevante Verbrecher
von Patrik Etschmayer
Montag, 17. August 2009
Der Vergleich umfasst 16 Seiten, wobei sich die meisten mit den juristischen Details und dem Verzicht auf das Recht zu einem ordentlichen
Prozess befassen - eben das übliche, wenn jemand eingesehen
hat, dass es besser ist, seine Taten zu gestehen
und der Staatsanwalt die Bedingungen diktieren kann. Und dazu gehört auch, dass
alle Unterlagen und jede Korrespondenz, die im Zusammenhang mit dem Vergehen
stehen, offengelegt werden.
Auch wird in dem
Schriftstück erwähnt, dass die Strafe um zwei Stufen erhöht wird,
weil bei der Straftat ausgeklügelte
Mittel zur Anwendung gekommen seien.
John McCarthys
Vergleich mit der Staatsanwaltschaft kann ihm eine
Busse von 400'000 bis 800'000 Dollar (das Doppelte
des noch festzustellenden Schadens) und womöglich auch Gefängnis einbringen. Doch dann gibt es
da noch die Komplizen, namentlich die UBS. Wenn von den ausgeklügelten Mitteln (sophisticated means) die Rede
ist, dann bezieht sich das auf die Vorgänge, die laut dem Geständnis McCarthys und den von der UBS Anfang dieses Jahres ausgehändigten Informationen, im Anhang des Vergleiches
zur Sprache kommen.
Dabei erscheint einem die UBS wirklich wie eine Art krimineller
Organisation, die Steuerbetrügern
dabei hilft, heimlich abgeschöpftes Geld aus Geschäften in den USA über die Cayman-Inseln auf ein speziell dafür
eingerichtetes Konto einer Scheinfirma in Hong Kong zu verschieben. Dabei wurden McCarthy von den
UBS-Kundenberatern und einem
von der UBS empfohlenen Anwalt eine Vielzahl
von Möglichkeiten aufgezeigt,
mehr Geld vor dem amerikanischen Staat zu verstecken,
sei dies nun durch eine Liechtensteiner Privatstiftung,
ein Konto auf den Britsh Virgin Islands oder eine Schweizer Versicherungspolice.
Nun mag
man dies oder das einwenden:
Einzelfall, Peanuts oder
was auch immer. Doch dies ist erst
einer der ersten Fälle. Die von den UBS-Vertretern bis ins Jahr 2008 hinein demonstrierte Energie, hier Gesetze eines
anderen Landes - einer Demokratie wohlgemerkt - zu brechen, ist verblüffend,
ja schockierend.
McCarthy wurde
dabei von den UBS-Vertretern
versichert, dass viele US-Bürger ihr Einkommen nicht
korrekt angäben und Geld einfach abschöpfen würden. Nun ist es natürlich möglich,
dass dies eine Lüge war und McCarthy ein Einzelfall, doch daran zu glauben
fällt schwer: Die Routine
und Geschwindigkeit, mit der für diesen
Kunden ein komplexes Netz an
Schwarzkonten und sogar eine Scheinfirma etabliert wurden, lässt fast nur einen Schluss zu:
Die UBS hatte hier ein Geschäftsmodell etabliert und kultiviert, das routinemässig abgewickelt wurde.
Was eine
weitere Frage aufwirft: Was wusste die Geschäftsleitung davon? Ist es wirklich
so, dass hier einzelne, ausser Kontrolle geratene Banker, da einfach in aller
Heimlichkeit einen Geschäftszweig entwickelten? Wenn dies wirklich wahr wäre, müsste
man sich fragen, wofür die Herren Ospel und Kurer denn bezahlt worden
wären, für welche Leistung die Verwaltungsräte ihre Gelder beziehen. Eine Frage, die nach den Milliarden-Verlusten der letzten Jahre
ohnehin im Raum steht.
Natürlich: Tausende – die allermeisten - der UBS-Leute haben in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet,
waren gesetzestreu und liessen sich nichts
zu schulden kommen. Aber ab
irgend einer Stufe scheinen Integrität, Moral, die Achtung vor Gesetzen flöten
gegangen zu sein, während eine
unglaubliche Arroganz der Macht, ein
Gefühl, die Herren des Universums zu sein,
jegliche Rest-Vernunft verdampfte.
Diese Leute haben
die UBS von der Vorzeigebank
zu einem die Volkswirtschaft bedrohenden Sanierungsfall gemacht, der jetzt auch
noch hochoffiziell in Verbrechen verwickelt ist. Es wäre auch
für die Schweizer Justiz endlich Zeit, dieses
Problem anzugehen. Oder hören
Verbrechen auf, solche zu sein, wenn
sie von «systemrelevanten» Stützen der Gesellschaft
begangen werden? Systemrelevante Verbrecher
von Patrik Etschmayer / Montag, 17. August 2009
Der Vergleich umfasst 16 Seiten, wobei sich die meisten mit den juristischen Details und dem Verzicht auf das Recht zu einem ordentlichen
Prozess befassen - eben das übliche, wenn jemand eingesehen
hat, dass es besser ist, seine Taten zu gestehen
und der Staatsanwalt die Bedingungen diktieren kann. Und dazu gehört auch, dass
alle Unterlagen und jede Korrespondenz, die im Zusammenhang mit dem Vergehen
stehen, offengelegt werden.
Auch wird in dem
Schriftstück erwähnt, dass die Strafe um zwei Stufen erhöht wird,
weil bei der Straftat ausgeklügelte
Mittel zur Anwendung gekommen seien.
John McCarthys
Vergleich mit der Staatsanwaltschaft kann ihm eine
Busse von 400'000 bis 800'000 Dollar (das Doppelte
des noch festzustellenden Schadens) und womöglich auch Gefängnis einbringen. Doch dann gibt es
da noch die Komplizen, namentlich die UBS. Wenn von den ausgeklügelten Mitteln (sophisticated means) die Rede
ist, dann bezieht sich das auf die Vorgänge, die laut dem Geständnis McCarthys und den von der UBS Anfang dieses Jahres ausgehändigten Informationen, im Anhang des Vergleiches
zur Sprache kommen.
Dabei erscheint einem die UBS wirklich wie eine Art krimineller
Organisation, die Steuerbetrügern
dabei hilft, heimlich abgeschöpftes Geld aus Geschäften in den USA über die Cayman-Inseln auf ein speziell dafür
eingerichtetes Konto einer Scheinfirma in Hong Kong zu verschieben. Dabei wurden McCarthy von den
UBS-Kundenberatern und einem
von der UBS empfohlenen Anwalt eine Vielzahl
von Möglichkeiten aufgezeigt,
mehr Geld vor dem amerikanischen Staat zu verstecken,
sei dies nun durch eine Liechtensteiner Privatstiftung,
ein Konto auf den Britsh Virgin Islands oder eine Schweizer Versicherungspolice.
Nun mag
man dies oder das einwenden:
Einzelfall, Peanuts oder
was auch immer. Doch dies ist erst
einer der ersten Fälle. Die von den UBS-Vertretern bis ins Jahr 2008 hinein demonstrierte Energie, hier Gesetze eines
anderen Landes - einer Demokratie wohlgemerkt - zu brechen, ist verblüffend,
ja schockierend.
McCarthy wurde
dabei von den UBS-Vertretern
versichert, dass viele US-Bürger ihr Einkommen nicht
korrekt angäben und Geld einfach abschöpfen würden. Nun ist es natürlich möglich,
dass dies eine Lüge war und McCarthy ein Einzelfall, doch daran zu glauben
fällt schwer: Die Routine
und Geschwindigkeit, mit der für diesen
Kunden ein komplexes Netz an
Schwarzkonten und sogar eine Scheinfirma etabliert wurden, lässt fast nur einen Schluss zu:
Die UBS hatte hier ein Geschäftsmodell etabliert und kultiviert, das routinemässig abgewickelt wurde.
Was eine
weitere Frage aufwirft: Was wusste die Geschäftsleitung davon? Ist es wirklich
so, dass hier einzelne, ausser Kontrolle geratene Banker, da einfach in aller
Heimlichkeit einen Geschäftszweig entwickelten? Wenn dies wirklich wahr wäre, müsste
man sich fragen, wofür die Herren Ospel und Kurer denn bezahlt worden
wären, für welche Leistung die Verwaltungsräte ihre Gelder beziehen. Eine Frage, die nach den Milliarden-Verlusten der letzten Jahre
ohnehin im Raum steht.
Natürlich: Tausende – die allermeisten - der UBS-Leute haben in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet,
waren gesetzestreu und liessen sich nichts
zu schulden kommen. Aber ab
irgend einer Stufe scheinen Integrität, Moral, die Achtung vor Gesetzen flöten
gegangen zu sein, während eine
unglaubliche Arroganz der Macht, ein
Gefühl, die Herren des Universums zu sein,
jegliche Rest-Vernunft verdampfte.
Diese Leute haben
die UBS von der Vorzeigebank
zu einem die Volkswirtschaft bedrohenden Sanierungsfall gemacht, der jetzt auch
noch hochoffiziell in Verbrechen verwickelt ist. Es wäre auch
für die Schweizer Justiz endlich Zeit, dieses
Problem anzugehen. Oder hören
Verbrechen auf, solche zu sein, wenn
sie von «systemrelevanten» Stützen der Gesellschaft
begangen werden?