Schiesst Cheney nach L1

 

von Patrik Etschmayer / Montag, 8. Dezember 2008

 

Im Angesicht der auf uns herabgekrachten Weltwirtschaftskrise wird allenthalben daran gearbeitet, den Klimaschutz und Massnahmen, die diesem Ziel helfen sollen, zurückzuschrauben. Einerseits, weil Investitionen in diesem Gebiet der Wirtschaft schaden könnten (eine Logik die nicht wirklich nachvollziehbar ist); andererseits, weil zudem neue Vorschriften Konsumenten und Firmen verunsicherten (naja...) und zum Dritten – und dieses Argument kommt vor allem aus der Ölindustrie und aus Osteuropa mit dem tschechischen Staatspräsidenten Václav Klaus als lautstärkstem Fürsprecher -, weil die Klimaerwärmung gar nicht durch das anthropogene CO2, sondern durch natürliche Phänomene wie eine erhöhte Sonneneinstrahlung ausgelöst würde.

 

Diese Behauptung kann von der Erde aus nicht überprüft werden. Gäbe es eine Methode dafür, müsste ein Weltraumobservatorium an den Lagrange-Punkt L1 geschickt werden. Ein Lagrange-Punkt ist ein Punkt im Weltall, an dem sich die Anziehungskräfte von zwei Himmelskörpern gegenseitig aufheben. Ein Satellit, der dort platziert wird, bleibt einfach stationärbeim L1-Punkt in 1,5 Millionen Kilometern Distanz von der Erde entfernt in Richtung der Sonne.

 

Ein solches Observatorium könnte gleichzeitig die von der Sonne kommende Energie und die Rückstrahlung von der Erde kontinuierlich messen. Auf diese Weise wäre es möglich, endlich genaue Daten zu diesem Aspekt des Weltklimas zu erhalten. Daten, die bis jetzt, laut Erwärmungsverleugnern, viel zu ungenau seien.

 

Weshalb also baut man nicht einfach ein solches Observatorium und stellt die politisch-rhetorische Diskussion endlich auf faktische Füsse. Tja, das Observatorium gibt es bereits. Schon seit fünf Jahren. Es heisst DSCOVR (ursprünglich TRIANA) und liegt gut verpackt in irgend einem Lagerhaus in Maryland. Doch die NASA will das 100 Millionen US-Dollar teure Observatorium nicht ins Weltall schiessen. Warum? 2006 hiess es, dass andere Prioritäten höher gewichtet seien.

 

Aber welche? Um Laderaum in Raketen kann es nicht gehen, denn sowohl Frankreich als auch die Ukraine boten bereits an, das Messinstrument ins Weltall zu befördern. Nun soll es zwar wieder entstaubt und durch die Airforce ins Weltall geschossen werden, aber nur, wenn die Instrumente, welche die Erde beobachten, vorher entfernt würden. Der Grund für diese absurden Bedingungen? Offiziell und völlig unglaubhaft: Um Geld zu sparen. Aber es gibt interessante Insider-Infos.

 

Laut diesen Leuten aus der NASA, die ihre Identität wegen der unter Bush etablierten Angst-Kultur nicht preisgeben wollen, war das Projekt von Anfang an verhasst, weil es vom früheren US-Vize Al Gore auf den Weg gebracht worden war. Es war in der Folge scheinbar Dick Cheney, der alles daran setzte, dieses Instrument, das so viel Klarheit in die Klima-Diskussion hätte bringen können, zu killen. Und wenn nicht bald etwas passiert, könnte DSCOVR tatsächlich verschrottet werden.

 

Natürlich, die konkreten Beweise für diese Verschwörung gegen das Projekt sind dünn. Aber die Indizien dafür umso zahlreicher. Wenn es um die Gründe für die Startverzögerungen geht, herrscht extreme Geheimnistuerei - praktisch werden keine Regierungsdokumente dazu freigegeben. Im Vergleich zum Gesamtbudget der NASA (die wissenschaftlich völlig nutzlose Raumstation verschlingt das vielfache der nötigen Gelder, die es brauchen würde, DSCOVR abheben zu lassen) wären die Kosten für DSCOVR lächerlich.

 

Auch die absurde Absicht, die erdbeobachtenden Instrumente des fertigen Observatoriums auszubauen, deutet darauf hin, dass es starke Interessen gibt (und Cheneys Verstrickungen mit der Öl-Industrie sind legendär), die Daten über den Wärmehaushalt der Erde verschlossen und die Diskussion darüber so lange wie möglich offen zu halten.

 

Vielleicht wäre es ja eine Idee, (Noch-)US-Vize Dick Cheney an den L1-Punkt zu schiessen. Wenn er dann noch etwas gegen ein Observatorium an diesem ruhigen, fernen Ort hätte, würde man es abblasen und ansonsten könnte man endlich damit beginnen, Daten zu sammeln. Viel schöner könnte man zwei Fliegen kaum mit einem Streich erlegen!