Keine
Ohrfeige für Bush
von Patrik Etschmayer
Die Schlagzeilen
lesen sich für Bush-Gegner sehr erfreulich:
Der Papst gibt Bush verbale Ohrfeigen, kritisiert ihn mit klaren
Worten, manche finden, der Papst
watscht Bush regelrecht ab. Doch es
soll sich niemand täuschen: Hier haben sich
Zwei gefunden, die auf der gleichen Basis stehen – dem Glauben,
dass Vernunft und die Welt wie sie ist
hinter den Glauben an eine
Welt, wie man sie gerne hätte, zurücktreten
muss. Diese Einigkeit zeigte sich darin,
dass George W. Bush in seiner
Begrüssung einen Kernsatz des Papstes aufnahm, indem er betonte, dass
es wichtig sei, dessen Botschaft
«der Diktatur des Relativismus entgegenzutreten»,
in seiner Nation anzuwenden.
Im Endeffekt heisst dies, dass sowohl Bush als
auch der Papst dafür plädieren,
auf einen absoluten Gottesglauben zurück zu fallen, was Glaubensvielfalt nur noch in dem
Sinn zulässt, als dass Andersgläubige eine zu bekehrende
Masse sind. Die kleinere Ironie daran ist wohl, dass der Relativismus,
den beide so leidenschaftlich
bekämpfen, schon in der anderen Person beginnt, ist Bush doch Mitglied der
Methodisten während der Papst bekanntlich
Top-Katholik ist. Seine Meinung zu den Protestanten hat der Papst ja schon
deutlich Kund getan und bei den ökumenischen Organisationen ziemliches Entsetzen ausgelöst, als er befand, dass
die protestantischen keine richtigen Kirchen seien. In diesem Licht ist
die Kritik an George W. Bushs
Irak-Politik doppelt interessant und kurios. Man macht es sich
vermutlich zu einfach, wenn man Bushs Drang in den Irak nur mit
den Ölvorkommen zu erklären versucht. Diese waren sicher
mit motivierend aber es dürfte
auch die Hoffnung dabei gewesen sei,
mit einem Sieg dieser «christlichen»
Armee über den zum islamischen Fanatiker hoch stilisierten Saddam Hussein ein Zeichen zu setzen,
welches durchaus eine religiöse Komponente beinhaltete. Als Bush anfangs von einem Kreuzzug redete, erschien dies vielen einfach als eine
ungeschickte Wortwahl. Doch wer wendet diesen
Ausdruck heute noch in einem militärischen
Kontext an? Es ist durchaus möglich, dass er
dies tatsächlich im Wortsinn gemeint hat: Wer ständig betont,
im Auftrag Gottes zu wirken,
zieht für seinen Herrn auch in den Krieg. Und es soll
niemand glauben, dass der Irak-Krieg
wirklich so hoch auf der Skala des Papstes
steht: Als es um die Empfehlung des heiligen Stuhles für die letzte Präsidentschaftswahl ging, war es dem
damaligen Chefinquisitor
und heutigen Papst wichtiger, den Kandidaten, der gegen die Legalität
der Abtreibung in den USA kämpfte, zu unterstützen
als jenen, der gegen den Krieg
war. Es heisst, dass Bush diese Unterstützung eine Million Stimmen bescherte, die sonst an Kerry gegangen wären. Bush ist
sozusagen ein Präsident von Benedikts Gnaden. So sind sich beide darin
einig, dass der Säkularismus vermutlich die grösste Bedrohung der Menschheit
ist und der Papst schafft es
tatsächlich, den Kindsmissbrauch
durch katholische Priester mit den üblen Einflüssen eines weltlichen Lebensstils zu relativieren. Die Kritik des Papstes an Bush war keineswegs die schallende
Ohrfeige, die viele – vor allem säkulare Medien – gerne gehört hätten. Es war ein sanfter Schlag
auf die Finger, so unspezifisch formuliert,
dass er ebenso
gut als Kritik
an den Gegnern von Bush verstanden
werden könnte. Erst recht, wenn
man seine Haltung zu heissen Themen in den US-Wahlen wie Abtreibung,
Homo-Ehen und einer generellen, liberalen Grundeinstellung in Betracht zieht. Benedikt XVI. ist ein Papst
der Restauration und wenn er in einem
Wahljahr die USA besucht, dann ist dies ein
Symbol für eine Politik die
anti-liberal ist und für seine Unterstützung
des einzigen konservativen Kandidaten: John McCain. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass dieser davon
geredet hat, notfalls auch zehntausend Jahre im Irak
Krieg zu führen. Am Ende ist es einfach so, dass diesem Papst ein
christlicher Gottesstaat, der blutige Kriege
führt, um vieles lieber ist als
ein liberaler, unchristlicher Staat, der sich von Konflikten
fernhält.