Zeit zur De-Deregulierung
von Patrik Etschmayer / Montag, 31. März 2008
Die Versprechen
waren gross und die Resultate
schienen den Propheten für einige Jahre
recht zu geben: Die Deregulierung des US-Bankenplatzes von 1999 eröffnete internationalen und nationalen Banken in den USA unglaubliche Möglichkeiten, Geld zu machen und Macht zu konzentrieren.
Seit 1933 war in den USA als Folge des Börsencrashes von 1929
und der darauf folgenden grossen Depression das Glass-Steagal Gesetz in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz
war es US-Banken nicht mehr möglich,
sowohl im Wertpapierhandel als auch im Spar- und Kreditgeschäft tätig zu sein.
Das Resultat war
die Beschränkung auf kleine,
regionale Banken und eine strenge Kontrolle
dieser Institute. Das mochte ein wirtschaftlicher
Nachteil sein. Andererseits muss man auch anerkennen,
dass die USA gute 50 Jahre lang keine
Bankenkrisen hatten.
Erst als unter
Ronald Reagan erste Regulierungen
gelockert wurden, folgte mit dem
Savings- und Loan-Desaster (mehr
dazu in der unten angeführten Kolumne) eine erste,
recht teure Bankenkatastrophe. Diese führte zu der
Rezession Anfang der 90er Jahre, die in der Folge Bill Clinton zum Wahlerfolg verhalf. Doch für
diesen war das keine Warnung. Auch wenn davon
jetzt nicht mehr die Rede ist
und alle mit dem Finger auf George W. Bush zeigen
– allein hätte der das momentane
Desaster nicht hin gekriegt. Dafür
brauchte es schon etwas mehr.
Einer von Clintons grossen
Slogans war, dass die Zeit
von «Big Government» vorbei sei,
dass sich der Staat von nun an aus der Wirtschaft
raus halte.
Clinton arbeitete bis fast zum Ende
seiner Amtszeit daran, Glass-Steagal abzuschaffen. Das Parlament wehrte sich jahrelang dagegen, genau so wie es sich
schon unter Reagan und dem ersten Bush gesperrt hatte. Doch schon 1997 eliminierte der US-Zentralbankvorstand unter Alan
Greenspan gewisse Vorschriften,
welche den Wertpapierhandel
für normale Banken limitierten.
1999 schliesslich schafft es die US-Regierung zusammen mit den republikanisch dominierten Häusern des Parlaments, Glass-Steagal zu eliminieren. Eine treibende Kraft dabei war der Schatzminister
Clintons, Robert Rubin, der – nur
Tage nachdem das Gesetz durch
ist – CEO der Citigroup wird und so das erste wahre amerikanische
Finanzkonglomerat nach der grossen Rezession
anführt. Interessanterweise
ist er heute
ein Top-Berater im Wahlkampfteam von Hillary
Clinton.
Es ist nun keine zehn Jahre
gegangen, um zu beweisen, dass Geld zu kostbar ist,
den Banken zu überlassen. Die Behauptung war immer, dass sich
die Privatwirtschaft ohne gesetzliche Begrenzungen selbst regulieren könne. Selbst jetzt
wird dies von den Liberalisierungs-Gurus
noch behauptet: Bloss keine staatlichen
Interventionen, um Banken zu retten, die sich selbst in die Bredouille gebracht hätten. Dies wäre ja recht und gut, wenn nur die Schuldigen
in den Abgrund gerissen würden. Doch die haben ihre Schäfchen
meist schon ins Trockene gebracht und die tickende Bombe längst weiter gereicht.
Gesetzliche Regulierung scheint die einzige Möglichkeit zu sein, der scheinbar
grenzenlosen Gier Zügel anzulegen – denn Banker, Spekulanten, Hedge-Fonds-Manager und andere grosse und kleine Börsenspieler scheinen – nicht nur in den USA – die Fähigkeit verloren zu haben, zwischen
Freiheit und Narrenfreiheit
unterscheiden zu können. Ein sicheres
Zeichen, dass es Zeit zur
De-Deregulierung ist.