Ein abrupter Fall
Aufstieg und Fall des Eliot Spitzer sind eine amerikanische Erfolgsstory der besonderen Art. Der demokratische Gouverneur des Staates New York
war ein scharfer Hund, einer, der
als Staatsanwalt
mit allen Mitteln Fälle von Korruption, organisiertem Verbrechertum und Prostitution aufdeckte
und dabei über Leichen ging. Er
zerstörte den Ruf vieler bekannter und weniger bekannter Wirtschaftsführer und politischer
Gegner auf eine Art und Weise, die viele Feinde zurückliess.
Dass er nun zugeben
musste, in einen Prostituiertenring verwickelt zu sein, ist an sich für amerikanische Politiker nichts Ungewöhnliches. Amerikanische Politik ohne Sexskandale
ist fast undenkbar.
Dabei verteilen sich die gefallenen Sünder fast gleichmässig auf die beiden grossen Parteien.
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Ältere Semester erinnern sich an Willbur Mills, den mächtigen Vorsitzenden des Ways
and Means Committee im Repräsentantenhaus,
der 1974 wegen der Stripperin Fanne Foxe zu
Fall kam. Diese schöne Frau sprang nachts ins kalte Nass des Washingtoner Tidal Basin beim
Jefferson Memorial, als ein
Polizist den Wagen des Politikers stoppte und damit den Fall ins Rollen brachte. Früher hatte man solche Dinge unter den Tisch gewischt – die Eskapaden von Präsident John F.
Kennedy als bekanntestes Beispiel.
Nun erregte
die Story über Mills jedoch
grosses Aufsehen. Seither ist viel
geschehen, und viele Politiker sind vom Sockel gestürzt.
Doch dass nun ausgerechnet Spitzer in die Fänge
der Strafverfolgungsbehörden
geriet, hat fast literarische
Qualität. Elmer Gantry, der
amoralische Moralprediger
von Sinclair Lewis, ist das Schnittmuster einer Geschichte, die wirklich nie zu Ende
geht.
Als District Attorney von Manhattan und dann Attorney General von New York nutzte
er seine Macht mit Blick auf eine
spätere politische Karriere, ohne sich an die Grenzen zu halten, die von der Rechtsordnung auch den Beamten der Anklagebehörden vorgeschrieben sind. Er benützte rüde
Drohungen statt der offiziellen Anklageerhebung, instrumentalisierte
die Medien zur Stimmungsmache,
um die Opfer seiner Feldzüge vorzeitig zu entwaffnen.
Diese Art juristisch-politischer Kampagnen ist
der Schweiz seit den neunziger Jahren nicht ganz
unbekannt. Kaum als Gouverneur
gewählt, bot Spitzer die
New York State Police auf, um einen politischen Gegner abzuschiessen. Das gelang ihm nicht, seine Popularität ging über in einen
steilen Sinkflug. Nun schliesst sich
der Kreis. Der Verfolger ist zum Gejagten
geworden.
H. K.