Jetzt geht es um die Freiheit von uns allen

 

Die Mörder von Paris wollen unsere Meinungsfreiheit bekämpfen. Dagegen müssen wir uns massiv wehren.

 

Helmut Brandstätter

 

Das war ein Anschlag auf das ganze Land", meinte ein schockierter Franzose im Fernsehen. Der Mann hat untertrieben. Die Schüsse von Paris waren ein Anschlag auf die freiheitliche Gesellschaftsordnung, wie sie in vielen Teilen der Welt aufgebaut wurde und wird. Diese baut auf dem Respekt für Andersdenkende, auf der Trennung von Kirche und Staat und der unbedingten Meinungsfreiheit auf. Terroristen, die von Syrien aus ein weltweites Kalifat errichten wollen, kennen das alles nicht. Sie verachten uns und unsere Überzeugungen. Sie kennen nur die Konstruktion eines Gottesstaates, wo alle umgebracht werden, die sich nicht ihrem moslemischen Glauben unterwerfen wollen.

 

Aus den Morden von Paris eine Kampagne gegen den Islam zu machen, wäre fatal. Im arabischen Nachrichtensender Al Jazeera fragte die Moderatorin die Pariser Korrespondentin, ob das Satiremagazin Charlie Hebdo manchmal zu weit gegangen sei. "Warum?", fragte diese, die Zeitung müsse ja niemand kaufen. Man kann also auch mit dieser liberalen Einstellung für Al Jazeera arbeiten, einen Sender, der dem Emir von Katar gehört.

 

Gerade nach dieser Bluttat dürfen wir nicht urteilen, ob jemand religiös, Atheist oder Agnostiker ist. Es gibt nur einen Maßstab: Wer tritt für eine offene Gesellschaft mit Meinungsfreiheit ein – und wer ist dagegen. Freilich müssen Zuwanderer islamischen Glaubens wissen, dass sie unsere Errungenschaften akzeptieren müssen, wenn sie hier bleiben wollen. Dazu gehören die Gleichheit und Gleichbehandlung von Mann und Frau ebenso wie Trennung von Kirche und Staat. Als Christ kann man Karikaturen über den Papst oder Jesus Christus widerlich finden, aber Zensur ist der Beginn vom Ende der Freiheit.

 

Der politische Islam ist der Feind der Freiheit

Und die Moslems müssen Kritik an ihrer Religion aushalten. Wer sofort Verhetzung sieht, wo die Friedfertigkeit des Korans hinterfragt wird, muss eine offene Diskussionskultur lernen. Im vergangenen Sommer hat der muslimische Politologe Hamed Abdel-Samad in einem KURIER-Interview betont: "Innerhalb der politischen Dimension des Islam gibt es keine moderate Bewegung." Und weiter: "Für uns Muslime ist nicht das Opfer maßgebend, sondern der Täter. Wenn dieser muslimisch ist, nehmen wir das hin." Der Ägypter muss sich inzwischen verstecken.

 

Am Abend  wurden die Täter anscheinend identifiziert. Es spricht alles dafür, dass radikale Moslems geschossen haben. Auch wenn die Idee eines weltweiten Kalifats völlig irrsinnig klingt, gibt es offenbar nicht nur in Syrien und im Irak Verrückte, die dafür kämpfen. Dagegen müssen wir uns wehren, dagegen müssen sich aber auch alle Moslems wehren, die bei uns leben.

 

Die Opfer von Paris müssen wir beklagen, ihren Familien gilt unser Mitgefühl. Die einzige Botschaft der Morde kann nur sein, dass die Freiheit einer aufgeklärten, liberalen Gesellschaft nicht selbstverständlich ist.