Der alternativlose Dollar

 

05.03.2013

 

Für den Dollar als globale Leit- und Reservewährung gibt es keinen Ersatz, trotz allem Unbehagen über das geld- und fiskalpolitische Doping der US-Wirtschaft. Der Euro jedenfalls kommt als Nachfolger nicht in Frage.

 

Seit Ausbruch der Finanzkrise hat eine Frage vor allem unter Ökonomen Konjunktur: Muss man sich um den US-Dollar Sorgen machen? Kürzlich haben sich das sogar amerikanische Politiker gefragt, die im Bundesstaat Virginia einen Gesetzentwurf für eine neue Landeswährung vorlegten. Sie wollten mit ihrem Vorstoß verhindern, dass Virginia durch die unsolide Geld- und Fiskalpolitik des Zentralstaats mit in den Abgrund gezogen werden könnte.

 

Tatsächlich laufen die Aufräumarbeiten nach den Krisenjahren in den USA deutlich anders als etwa in Europa. Die US-Notenbank Fed hat die Druckerpresse angeworfen und finanziert praktisch unbegrenzt jeden Liquiditätsbedarf des Finanzsystems zu einem Zinssatz nahe null Prozent. Zudem engagiert sie sich immer stärker in der unmittelbaren Staatsfinanzierung. US-Staatspapiere im Wert von mehr als 1,7 Billionen Dollar hatte die Fed Ende vorigen Jahres in ihren Büchern, überwiegend mit Laufzeiten von zehn bis 30 Jahren.

 

US-Präsident Barack Obama turnt wie ein Alpinist im „fiscal cliff“. Diese „fiskalische Felswand“ ist ein Gesetz, das automatische Budgetkürzungen nach der Rasenmähermethode vorschreibt, wenn die Politik nicht eigene Mittel und Wege findet, um das Loch im Haushalt zu verkleinern. Das aber gelingt in den USA derzeit nicht. Obama ist gegen Ausgabenkürzungen, die Republikaner sind gegen Steuererhöhungen.

 

Dieses Theater geht nun schon viele Monate über die Bühne und am 1. März schlug das Gesetz zu: Bis 2021 müssen Ausgaben in Höhe von 1,2 Billionen Dollar gestrichen werden, davon 85 Milliarden Dollar in diesem Jahr oder acht Prozent des Bundeshaushalts.

Das sind gewaltige Summen, aber mit einer spürbaren Haushaltssanierung hat das nur wenig zu tun. So wie es aussieht, wird das Defizit im US-Bundeshaushalt in diesem Jahr trotz der Sparkeule bei mehr als fünf Prozent liegen und selbst mittelfristig gehört ein auch nur annähernd ausgeglichener Haushalt nicht zu den Zielen Obamas.

 

Konkret heißt das, die USA werden weiterhin auf Pump leben, die Wirtschaft mit einer schuldenfinanzierten Nachfrage dopen und sich das Geld dafür nahezu ausschließlich aus dem Ausland holen. Es ist diese Perspektive, die Politiker in Virginia dazu gebracht hat, über eine eigene Landeswährung nachzudenken und die Ökonomen darüber ins Grübeln bringt, wie lange der US-Dollar unter diesen Bedingungen wohl noch seine Rolle als globale Leit- und Reservewährung ausüben wird.

 

Welche Währung könnte den Dollar ablösen?

 

Darüber kann man sicher ohne Ende theoretisieren, man kann die Angelegenheit aber auch einmal ganz praktisch angehen. Könnte der Dollar seine dominante Rolle als Reservewährung überhaupt spielen, wenn die Amerikaner - so wie wir Deutsche - sparen und permanent mehr Waren exportieren als importieren? Das ist schwer vorstellbar, denn dann würden Dollars nachgefragt, um sie unverzüglich für den Kauf von US-Waren wieder auszugeben, nicht aber, um diese Dollars als Reserve auf die Hohe Kante zu legen.

 

Trotz aller Unkenrufe sollte man doch berücksichtigen, dass die USA immer noch rund ein Viertel der Weltwirtschaft auf die Waage bringen. Zudem ist die US-Wirtschaft robust und innovativ. Sie reagiert flexibel auf externe Schocks und sie agiert auf dem weltweit größten Binnenmarkt, auch wenn Europa gemessen an der Wirtschaftsleistung mehr zu bieten hat. Aber so wie in den USA funktioniert der europäische Binnenmarkt noch lange nicht.

 

Und weiter: Welche Währung könnte denn den Dollar in absehbarer Zeit als Reservewährung ersetzen? Euro, Yen, Yuan oder irgendeine andere Währung kommen dafür jedenfalls nicht in Betracht.

 

Der Euro ist mittlerweile zwar die zweitwichtigste internationale Währung, aber den Dollar könnte er nie und nimmer ablösen, solange dieser Kunstwährung der politische Unterbau wenigstens in Form einer funktionierenden europäischen Fiskalunion fehlt.

 

Yen und Yuan sind traditionelle nationale Währungen von exportlastigen Ländern mit hohen inländischen Sparquoten, die den Finanzbedarf des Staates abdecken. Das verhindert automatisch, dass andere Staaten diese Währungen in nennenswertem Umfang als Reserve „bunkern“ können. Das heißt, sie können in einer globalen Perspektive nicht im Ansatz so liquide sein wie der Dollar. Das gilt gleichermaßen für jede andere Währung auf unserem Globus.

 

Aus alledem ergibt sich für mich der Schluss: Der Dollar ist – wie unsere Bundeskanzlerin es sagen würde - alternativlos. Er wird noch geraume Zeit die Leit- und Reservewährung Nummer eins sein.

 

Herbert Walter, 58, führte von 2003 bis 2009 die Dresdner Bank. Vorher war er bei der Deutschen Bank weltweit für Privat- und Geschäftskunden verantwortlich. Heute arbeitet Walter als selbständiger Berater. Unternehmerisch engagiert er sich beim Finanzportal WhoFinance.de.