Reform kann
Obama Mandate kosten
Von
Dietmar Ostermann
Seit Sonntagabend ist Barack Obama nicht mehr nur
der Mann der schönen Reden, der großen Verheißungen,
Sehnsüchte und Träume. Was
hat er schon erreicht, was geleistet, lautete nicht nur
in Amerika zunehmend ungeduldig die Frage all jener, bei denen
sich schon Ernüchterung breit machte über den einst zum Heilsbringer
verklärten US-Präsidenten.
Die Verabschiedung
der Gesundheitsreform durch den Kongress ist nun mehr
als ein erster
zählbarer Erfolg. Die Vereinigten Staaten führen eine Versicherungspflicht
ein und machen den entscheidenden Schritt hin zum allgemeinen
Krankenschutz.
Was in anderen
Industrienationen selbstverständlich
ist, ist
für die USA eine Zäsur. Auch deshalb
wurde in Washington so lange und so erbittert um
die Reform gerungen. Nun wird
eines der großen Sozialgesetze der US-Geschichte Obamas Unterschrift tragen. Darin zumindest sind
sich Befürworter und Gegner einig.
Doch der politische
Preis könnte
hoch sein. Zwar hat der zuletzt
arg bedrängte Präsident Handlungsfähigkeit bewiesen. Nicht wenige in Washington hatten die
Reform schon für tot erklärt, Obamas Agenda für blockiert. Dessen Hoffnung aber, im Volk werde
die Skepsis gegenüber der bislang keineswegs
populären Reform schwinden,
wenn die Menschen erst einmal in den Genuss wachsender Sicherheit gelangen, muss sich kurzfristig nicht erfüllen.
Zu groß sind die Lücken und Schwächen im Gesetz,
das wichtige Klauseln erst ab 2013 in Kraft setzt. Viele Amerikaner
fürchten schlicht steigende Beiträge und eingeschränkte Leistungen, wenn künftig 32 Millionen Menschen, die bislang keinen Krankenschutz haben, abgesichert werden.
So absurd die Angstkampagne der Republikaner vor einem dräuenden Sozialismus war, so real sind die
Zweifel bis tief in die Mitte der US-Gesellschaft, ob der Ausbau des Krankenschutzes in Zeiten wirtschaftlicher Sorgen und gewaltiger Schulden die richtige Priorität sei.
Gut möglich,
dass die Reform Obamas Demokraten bei der Parlamentswahl im Herbst Mandate kostet. An der
historischen Leistung ändert das nichts: Barack Obama
hat geschafft, woran ein halbes Dutzend
Präsidenten vor ihm scheiterten.