Videoanalysen in Teheran
US-Präsident
Barack Obama will Frieden mit dem Iran. Er
muss aber ein sehr tief sitzendes
Misstrauen gegen die Vereinigten Staaten ausräumen.
VON
MARTIN GEHLEN
Zwei
Monate Zeit hatte Barack
Obama nach der Amtseinführung seinen politischen Beratern gegeben, um eine neue Strategie im Umgang mit
dem Iran zu entwerfen. Langsam werden erste Konturen
erkennbar, auch wenn die harschen Wortwechsel beider Seiten in den letzten Wochen zunächst munter weitergingen. Erst lud Außenministerin
Hillary Clinton während ihrer
Europareise den Iran zu einer internationalen
Afghanistan-Konferenz ein,
die am 31. März in Den Haag stattfinden soll. Jetzt streckte Obama selbst in einer Videobotschaft zum persischen Neujahr seine Hand in Richtung
Teheran aus, weiter, als dies je einer
seiner Vorgänger in den letzten
30 Jahren gemacht hat.
Die Reaktionen
sind aber
nicht gerade überschwänglich. Clintons Einladung wurde von der iranischen Führung bisher nicht beantwortet. Obamas historische Offerte fand in Teheran zwar ein mildes Echo, wurde jedoch gleich
wieder garniert mit den üblichen Hochrufen auf das iranische Atomprogramm. Der Weg zurück zu
normalen Beziehungen zwischen beiden Staaten ist
lang und steinig. Zu tief sind die Gräben, die sich seit der
revolutionären Geiselnahme
in der amerikanischen Botschaft 1979 in Teheran aufgetan
haben.
Obamas Video markiert einen
guten Anfang. Der US-Präsident verspricht
ein Ende der Isolierung des Iran.
Und er wünscht dem Land einen Platz als
respektiertes Mitglied im Kreis der
Völker. Teheran muss jetzt abwägen, ob es sein provokantes
Hantieren mit Raketen und Uranzentrifugen weiter treiben oder sich in Zukunft
transparenter und kooperativer
verhalten will. Nicht nur den USA, Europa und Israel sind die iranischen
Atompläne ein Dorn im Auge. Fast alle
arabischen Staaten kritisieren immer gereizter die vom Iran angestrebte Dominanz in der Region. Sie werfen Teheran vor,
überall radikale Kräfte zu sponsern.
Und sie bereiten reihenweise den Bau von Atommeilern vor, weil sie
ein atomares Wettrüsten fürchten.
Doch Obamas Initiative verlangt auch den USA eine erhebliche Kurskorrektur ab. Die Dämonisierung
des Iran als Mitglied einer Achse des Bösen war nur das letzte Kapitel einer langen
Liste politischer Fehlgriffe. Für viele Iraner ist der 1953 von den USA inszenierte Regimewechsel unvergessen. Das Land wäre heute vielleicht eine funktionierende Demokratie, hätte der CIA damals nicht auf Befehl von US-Präsident Dwight Eisenhower den ersten
vom Volk gewählten Regierungschef Mohammad Mossadeq gestürzt und Schah Reza Pahlevi an die Macht geputscht. Mossadeq wollte die iranischen Ölfelder verstaatlichen, weil westliche
Firmen damals den gesamten Gewinn außer Landes schafften.
Im achtjährigen Krieg zwischen dem Irak
und dem Iran unterstützten
die USA Saddam Hussein, auch mit
günstigen Milliardenkrediten
für seine Waffenkäufe. Über 20 000 iranische Soldaten starben durch irakisches
Giftgas, ohne dass sich in Washington jemals dagegen Protest erhob. Schließlich schoss im Juli
1988 eine US-Fregatte über dem persischen
Golf aus Versehen einen iranischen Airbus mit 290 Menschen an Bord ab. Die Offiziere und ihr Vorgesetzter wurden befördert, aber nie zur Verantwortung
gezogen. Bis heute fehlt eine
offizielle Entschuldigung Washingtons bei den Familien der Opfer.