Fiasko für Iran
30.08.2012
Erst liest UN-Generalsekretär Ban Ki-moon Teheran die Leviten, dann bezeichnet der ägyptische Präsident Mursi Syrien ohne Scheu als „Unterdrücker-Regime“. Der Blockfreien-Gipfel wird für Gastgeber Iran zum Fiasko.
Von RAINER HERMANN
Iran hatte dem ägyptischen Präsidenten Mursi mit großen Hoffnungen einen roten Teppich ausgerollt. Der aber tat seinen Gastgebern nicht den Gefallen und verhinderte, dass seine Reise - die erste eines ägyptischen Staatspräsidenten nach Iran seit der islamischen Revolution 1979 - propagandistisch ausgeschlachtet werden konnte.
Dank der Anwesenheit des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon und Mursis auf dem Blockfreien-Gipfel hatte Iran der Welt zu zeigen gehofft, dass die Islamische Republik keineswegs isoliert sei. Die Teilnahme der beiden endete jedoch mit einem Fiasko. Erst las Ban Ki-moon, wenn auch in gesetzten diplomatischen Worten, Iran wegen des Atomprogramms, der Missachtung der Menschenrechte und des Aufrufs zur Zerstörung Israels die Leviten. Dann führte Mursi Iran vor und ließ die Mienen der entsetzten Gastgeber versteinern. Er nannte Assads Syrien, zu dem Iran weiterhin hält, ein Unterdrückerregime und rief zum Sturz des Machthabers auf.
Mursis Außenpolitik hat mit seinem Auftritt in Teheran weitere Konturen gewonnen. Endgültig passé ist der Verdacht, ein von den Muslimbrüdern geführtes Ägypten strebe eine Allianz mit den Schiiten Irans an. Zu erwarten war das auch nicht. Die Liste der Demütigungen, die die ägyptischen Muslimbrüder in den vergangenen Jahrzehnten durch Teherans arrogante Machthaber zu ertragen hatten, ist zu lang. Dass Mursi seinen Vorstoß mit Saudi-Arabien abgestimmt hatte, sorgte dort für Erleichterung: Auch das Ägypten der Muslimbrüder steht an seiner Seite. Mursi betreibt keine Annäherung von Sunniten und Schiiten, sondern die Isolierung Irans.
Zudem drängt die wiedergeborene Regionalmacht Ägypten Iran wieder aus der arabischen Welt heraus. Das verschafft Mursi auch im Westen Freunde. Mursis Teheraner Paukenschlag wird nicht folgenlos bleiben. Sein Vorstoß und die vorhersehbare Reaktion Irans haben gezeigt, dass eine politische Lösung zur Beilegung des Konflikts in Syrien mit Iran nicht möglich ist.
Der Vorschlag Mursis, eine Arbeitsgruppe aus Ägypten, Saudi-Arabien, Iran und der Türkei zu bilden - den vier Ländern also, die konkurrierende politische Modelle entwickelt haben -, dürfte der wohl letzte Versuch sein, noch eine politische Lösung des Bürgerkriegs zu finden. Sollte Iran das nicht rasch begreifen, ist der Vorschlag vom Tisch. Dann werden andere Lösungen gesucht, bei denen Iran gewiss nicht mitredet.