Unser Obamale

 

Von Hannes Hintermeier

 

05. Juni 2009 Auf Hawaii geboren, amerikanisch-kenianischer Abstammung: So kennen wir unseren Barack Hussein Obama II. Der Vater ein Spross des afrikanischen Luo-Volkes, die Mutter aus Wichita in Kansas. Aufgewachsen vorübergehend in Indonesien, später aufgefahren in den juristischen Himmel in der Harvard Law School. Der Mann ist ein Fleisch gewordener Schmelztiegel, also uramerikanisch - und dabei doch im Kern immer einer der unseren gewesen und geblieben.

 

Dieses Gefühl hat nun eine wissenschaftliche Fundierung, seit das Internetportal Ancestry.com nachgewiesen hat, dass sein sechster Urgroßvater am 29. Januar 1729 in dem schönen Städtchen Besigheim nördlich von Stuttgart geboren wurde und auf den Namen Johann Conrad Wölflin hörte.

 

Ein granatenmäßiger Schmelztiegel

 

1750 segelte der junge Mann auf der „Patience“ über den Atlantik. Fortan nannte er sich Wolfley und ließ sich in Middletown/Pennsylvania nieder. Er gründete eine Familie, mindestens sechs Kinder aus der Ehe mit Anna Catherine Schockey sind bekannt, darunter auch der spätere fünfte Urgroßvater Obamas, Ludwig Lewis Wolfley. Das alles wurde nun ausgegraben, weil die Ahnenforscher im Mormonenstaat Utah fündig wurden, in der Family History Library von Salt Lake City. Dort fand sich ein sogenanntes Seelenregister, das es ihnen leicht machte, die Wolfley-Linie über die Jahrhunderte zur Mutter Obamas, Ann Dunham, zu verfolgen. Entdeckt hat man auch, dass der Großvater des ausgewanderten Johann Conrad Wölflin dreißig Jahre Bürgermeister in Öfingen war, und dass der Vater als Feldarzt 1716 bis 1718 unter Prinz Eugen, dem edlen Ritter, in den Krieg gegen die Türken zog, bis er von einem feindlichen Pfeil verwundet wurde. Politische Führer, wenn auch auf lokaler Ebene, ein heilender Krieger - schon hat der Dresden-Buchenwald-Besuch noch eine ganz andere, heimatliche Dimension. Nicht nur einen Großonkel, der ein Konzentrationslager mitbefreit hat, auch einen Vorfahren, der Muslime bekämpft hat.

 

Aber das Weiße Haus hüllt sich ahnenmäßig in Schweigen: Wie der Führer der westlichen Welt mit dieser zutiefst aufwühlenden Nachricht umgeht, ist bislang nicht bekannt geworden. Deutsche Internetnutzer aber mutet die Nachricht eigentlich wie das Eintreten einer längst offenen Tür an. Wir kennen unseren Schwaben längst aus dem grandiosen Video von Jürgen Bauer: Barack Obama als Redner bei der Eigentümervollersammlung Wilhelmstr. 48. „Was mih ächt nervt, isch des Thema Fahrräder abstella em Hausgang“, bruddelt er los. Und ereifert sich im schönsten Kehrwochen-Furor über die „roschtige Geppel mit granademäßig dreckige Roifa“. Schwäbischer Ton, passgenau geschnitten zu Bildern von Obamas Berliner Auftritt am 24. Juli 2008 vor zweihunderttausend begeisterten Hauptstädtern. Wie wir nun definitiv wissen, waren das damals in gewisser Weise wirklich Mitbesitzer der Wilhelmstraße 48. Denn Württemberg ist jetzt mit Obama überall, ein granatenmäßiger Schmelztiegel. Nur mit denen aus Baden tun sie sich immer noch saumäßig schwer.