Laudatio auf Tom Cruise
Ein Mann der Courage
Von Frank Schirrmacher
30. November 2007 Als er vor etwas
über einem Jahr „United Artists“ übernahm,
das legendäre Studio von
Charlie Chaplin, überlegte man, welchen
Titel man ihm geben sollte: Geschäftsführer?
Vorstandsvorsitzender? Präsident? Aber kein Titel
schien so groß wie jene zwei
Wörter, die wir seit über 20 Jahren
mit großem amerikanischen Kino assoziieren. Kein Titel schien
so groß wie sein Name - und unter dem leitet er
das Studio jetzt auch ganz einfach:
als Tom Cruise.
Jeder andere Star musste das Auf und Ab in der Filmindustrie kennen lernen. Für ihn gab es
nur das Auf, seit seinem Durchbruch
mit „Top Gun“ im
Jahre 1986. Wenn in diesen 20 Jahren
ein Film von Cruise einmal kein Kassenhit wurde, ging auch
das auf seine ganz bewußte Entscheidung zurück. So zuletzt bei „Von Löwen und Lämmern“, einen Film, mit dem er
seine Landsleute in Sachen Irak wachrütteln wollte.
Erzwungene Erfolge
Durch einen Zufall hatte ich über
die letzten Monate die Möglichkeit, zu erleben, wie sehr
Tom Cruise für diese Erfolge kämpft, wie hart er daran
arbeitet, wie er sie gleichsam
erzwingt. Tom Cruise nahm sich nämlich eines
Themas an, das mir sehr
am Herzen liegt, nicht zuletzt, weil sich mein
Vorgänger als Herausgeber der F.A.Z., Joachim
Fest, viele Jahre sehr intensiv damit
beschäftigte: Ich spreche vom deutschen
Widerstand gegen Hitler. Es
hat mich immer bedrückt, dass es beinahe unmöglich
war, das Ausland darauf aufmerksam zu machen, dass
es auch innerhalb
Deutschlands Menschen gab,
die ihr Leben riskierten, um sich den Nazis zu widersetzen.
Es bedurfte
eines Querdenkers, um
dieses Vorurteil zu durchbrechen. Es bedurfte eines Weltstars, um sich damit im Ausland
Gehör zu verschaffen. Durch seine Entscheidung, Graf Stauffenberg sein Gesicht zu
leihen, wird Tom Cruise das Bild, das
die Welt sich von uns Deutschen macht, verändern. Das Ansehen des Landes
zu retten, gerade auch im
Ausland, war einer der wichtigsten Beweggründe Stauffenbergs bei seiner Tat. Durch Tom
Cruises mutige Entscheidung,
diese Rolle zu spielen, wird
Stauffenbergs Anliegen auf mittelbare Weise doch noch verwirklicht.
Eine breite Öffentlichkeit wird anhand seiner Geschichte verstehen, dass man sich dem Unmenschlichen
widersetzen kann, und dass Heldenmut und eine menschliche Haltung noch wichtiger
sind als
der Erfolg einer Tat.
Der Burda-Verlag hat beschlossen,
Tom Cruise den „Bambi Courage“ zu
verleihen. Den Bambi für Mut. Auch das ist eine mutige Entscheidung, ich finde, sie
ist richtig, ja zwingend. Tom Cruise weiß, dass dieser
Mut natürlich etwas anderes ist als der
Mut, den die historischen Vorbilder um Stauffenberg aufbrachten. Hemingway hat „Courage“ einmal als „Grace under
Pressure“ definiert, als „Würde auch unter
Druck“. Ich habe Tom Cruise über die letzten Monate aus der Nähe
erlebt. Nur wenige sind
wohl größerem Druck ausgesetzt als er und an wenigen
wird von so vielen Seiten gezerrt. Kaum jemand wird aber
auch so gnadenlos angegriffen. Ich kenne wenige, die dabei freundlicher, konzentrierter, und würdevoller blieben, als
er es immer
war. Er ist
in Hemingways Sinne ein Mann der Courage. Ich bin stolz, ihm den Bambi Courage überreichen
zu dürfen. Meine Damen und Herren, Tom Cruise.
Die Laudatio auf Tom Cruise hielt
Frank Schirrmacher am Donnerstag
abend in Düsseldorf anlässlich der Bambi-Verleihung.