Flugverbot für Petrodollars
Leitartikel Unter den Augen
der Öffentlichkeit bekämpft Muammar al-Gaddafi sein eigenes Volk. Und die Welt
schaut ohnmächtig zu.
Es ist zum Verzweifeln: Unter
den Augen der Weltöffentlichkeit versuchen die Aufständischen in Libyen, ihre
neu errungene Freiheit gegen die militärische Übermacht von Muammar al-Gaddafi
zu verteidigen. Das Land ist in einen Bürgerkrieg abgerutscht, dem noch viele
Tausend Menschen zum Opfer fallen könnten, und die Welt sieht ohnmächtig zu.
Doch wer ein sofortiges
militärisches Eingreifen fordert - und dazu gehört auch die Einrichtung einer
Flugverbotszone -, übersieht, dass ein solcher Schritt die Situation derzeit
eher verschlimmern würde.
Eine Flugverbotszone über
einem Land durchzusetzen, in dem ein zu allem entschlossener Diktator über eine
umfangreiche Luftwaffe und ein reiches Arsenal an Luftabwehrraketen verfügt,
bedeutet Krieg. Und diesen Krieg müsste der Westen nach heutigem Stand allein
führen. Weder die Arabische Liga noch Russland oder China würden sich
beteiligen. Damit aber begäben sich USA und Europäer in eine Situation, die
noch schwieriger wäre als die in Afghanistan. Gemeinsam hätten die beiden
Interventionen lediglich, dass sie den Konflikt nicht beenden. Libyen könnte
leicht zu einem weiteren Dauereinsatz werden, vor allem wenn das Land geteilt
wird.
Und anders als im Kosovo oder
Ruanda könnte sich der Westen nicht auf die "Responsibility to
protect"-Klausel berufen. Die im Völkerrecht noch umstrittene Formel lässt
militärisches Eingreifen zu, wenn ein Genozid droht. In Libyen aber tobt ein
klassischer Bürgerkrieg.
Handeln muss die
Weltgemeinschaft trotzdem - und zwar schnell. Wer Gaddafi treffen will, ohne
Kampfflugzeuge loszuschicken, muss zumindest seinen Zugang zu den Ölmillionen
kappen. Die bisherigen Sanktionen reichen nicht aus. Hier müssen die
Abnehmerländer des libyschen Öls rasch handeln, um einen vollständigen
Zahlungsstopp für alle Waren durchzusetzen, deren Einnahmen dem libyschen
Regime zufließen - idealerweise mit einer Ausnahme für Öl aus Bengasi, das die
Aufständischen für ihre Zwecke nutzen.
Ob ein solches Vorgehen
wirkt, hängt auch von der Geschlossenheit der Weltgemeinschaft ab. EU und USA
sollten mit aller Macht darauf hinwirken. Es ist die vermutlich einzige Chance,
sich Gaddafi in den Weg zu stellen, ohne einen langwierigen Krieg zu beginnen.