Freitag ist Burger-Tag an der US-Börse

 

Satte 72 Millionen Amerikaner sind fett. Also etwa jeder vierte. Noch viel mehr sind "lediglich" übergewichtig. Auch Börsianer halten nichts von Diät - wie jeden Freitag auf dem Parkett zu sehen ist.

 

von Jens Korte

 

Es ist mittlerweile Tradition unter den Händlern an der Börse, sich kurz vor dem Wochenende gegenseitig das Mittagessen zu besorgen: Pizza, French Fries, White Castle Burger, Philly Cheesesteak, Chips, Chicken Wings - das Parkett gleicht Freitagmittag fast schon einer Imbissbude. Als besonders ausgewogen kann das Menü kaum bezeichnet werden. Doch warum sollten es die Händler auf dem Parkett besser machen als ein Großteil ihrer Landsleute?

 

In dieser Woche veröffentlichte die US-Regierung eine Studie, wonach 72 Millionen Amerikaner als fettleibig eingestuft werden. Das entspricht 26,7 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Quote der "nur" Übergewichtigen liegt bei rund 64 Prozent. In neun Bundesstaaten werden bei der jüngsten Erhebung sogar über 30 Prozent als obese (fettleibig) registriert. Die Fresssucht ist inzwischen zu einem bedenklichen Wirtschaftsfaktor geworden. Die Lebensmittel- und Fast-Food-Industrie profitiert zwar von dem Heißhunger, aber gesamtwirtschaftlich entsteht erheblicher Schaden. Die Kosten der Fettleibigkeit werden auf jährlich 147 Mrd. Dollar geschätzt.

 

Die falsche Ernährung fängt nicht erst beim Burger oder der Pizza zum Lunch an. Froot Loops, Lucky Charms, Choco Krispies: Seit Jahren wird nicht nur in den USA über den Nährwert von industriellen Frühstücksflocken gestritten. Gerade ist in Amerika ein Vorstoß gescheitert, der Firmen wie Kellogg untersagen sollte, ihre Produkte als gesund anzupreisen. Die Gegner der Kellogg-Lobby verweisen gern auf Testversuche, bei denen Ratten, die mit den Flocken gefüttert wurden, kürzere Zeit lebten als Tiere, die lediglich den Verpackungskarton verzehrten.

 

Die Tabakindustrie dürfte sich über das neue Feindbild freuen. Die meisten Dollar fließen plötzlich in Kampagnen gegen Fettleibigkeit und nicht mehr gegen den blauen Dunst. Zwar raucht noch etwa jeder fünfte US-Bürger, aber fast jeder Dritte gilt als fettleibig, was ein nicht geringeres Gesundheitsrisiko darstellt. Sogar die First Lady, Michelle Obama, macht sich für gesündere Ernährung stark. Doch so schnell dürften die Trader freitags nicht von Burger und Pizza auf Tofu oder Sushi umsteigen.

 

Jens Korte schreibt als Wall-Street-Korrespondent für die FTD.