Warum Amerika einfach mal die Klappe halten sollte
Kommentar Im Dauerstreit
um die chinesische Währung schreien die Amerikaner abermals laut auf. Sie wären
besser beraten, ruhig zu sein.
von Christiane von Hardenberg
Die Zeit der
wohltuenden Stille ist vorbei. Für
ein paar Monate waren die endlosen Quengeleien amerikanischer Abgeordneter, die Chinesen sollten endlich ihre Währung
aufwerten, verstummt. Das
war im Frühjahr 2009, die Weltwirtschaftskrise hatte voll zugeschlagen. Damals ging die Angst um, man würde sich verschanzen
und eine Welle des Protektionismus die Welt in eine tiefe Rezession reißen. Die US-Abgeordneten hielten still.
Doch nun läuft Chinas Wirtschaft wieder rund. Unterdessen klettert die Arbeitslosigkeit in
den Vereinigten Staaten nach oben, zuletzt
auf 9,7 Prozent. Jetzt geht das Geschrei wieder los. Beobachter erwarten, dass Washington schon bald die Chinesen offiziell der Währungsmanipulation bezichtigen könnte - eine Anschuldigung, die das ohnehin schon angespannte
Verhältnis zwischen Amerikanern und Chinesen weiter strapazieren könnte.
Seit Juli 2008 ist der Renminbi de facto an den Dollar gekoppelt. Und seitdem werden die Amerikaner nicht müde, auf die Chinesen einzureden. Dabei wären sie besser
beraten stillzuhalten. Solange sich Peking in die Ecke gedrängt fühlt,
ist kein Einlenken zu erwarten.
Denn China verfolgt seine eigenen Interessen und sieht zudem in seiner Wechselkurspolitik seinen "Beitrag zur Stabilisierung
der Weltwirtschaft", wie Zentralbankchef Zhou
Xiaochuan kürzlich erklärte.
Peking
weiß um die Vorteile
Dabei ist es
nicht so, dass man in China
nicht auch um die Vorteile einer solchen Aufwertung weiß. Ein stärkerer
und flexiblerer Renminbi würde
einige von Chinas Problemen
lösen. Beispielsweise die steigende Inflation, die im Februar auf den höchsten Stand seit 16 Monaten kletterte.
Die hohen
Lebensmittelpreise bergen einen enormen Sprengstoff
in einem Land, in dem immer noch viele
Menschen in ärmlichen Verhältnissen leben. Eine stärkere Währung
verliehe ihnen mehr Kaufkraft. Gleichzeitig würden die Gewinne der Exportunternehmen
sinken, übertriebene Investitionen würden zurückgehen. Unter dem Strich würde
Chinas Binnennachfrage durch
eine Aufwertung gestärkt werden - das erklärte Ziel der
chinesischen Führung. Und ganz nebenbei erntete
China das Wohlwollen der westlichen Welt.
Teil 2: Keine Wunderwaffe
Politiker und Ökonomen in Peking wissen ganz genau
um diese Vorteile. Warum sie sich
dennoch vehement einer Aufwertung widersetzen, liegt auf der Hand: Eine stärkere Währung
ist keine Wunderwaffe. Um die Binnennachfrage
nachhaltig in Schwung zu bringen, muss Chinas soziales System umgekrempelt werden. Alters- und Krankenvorsorge
müssen ausreichend Sicherheit bieten, damit die Chinesen ihr Geld nicht mehr auf die hohe Kante legen, sondern
ausgeben.
Steuer- und Unternehmensreformen sind ebenso dringlich,
sonst landen die enormen Gewinne weiter in den Händen einiger weniger. Bevor Peking diese Probleme nicht gelöst hat, wird
es nicht gewillt sein, seine Einnahmequelle, den Export, abzudrehen.
Ob es den Amerikanern schmeckt oder nicht,
sie werden warten müssen, bis China den Zeitpunkt für richtig erachtet,
den Wechselkurs zu lockern.
Die Amerikaner
sollten sich daher vor Augen
führen, dass ein stärkerer Renminbi kein Allheilmittel für ihre wirtschaftlichen
Probleme ist. Die Jobs sind verloren und kommen nicht wieder.
Zudem stellen US-Firmen viele von Chinas Exportschlagern - Möbel, Spielzeuge und Turnschuhe - ohnehin nicht mehr
her. Steigt der Renminbi, müssen das die US-Verbraucher selbst bezahlen.
Statt sich im
Streit mit China zu verzetteln, sollten die Amerikaner lieber die Zeit nutzen und eine wettbewerbsfähige Exportindustrie aufbauen. Denn Ministerpräsident Wen Jiabao erteilte
den US-Begehrlichkeiten erst
am Wochenende erneut eine Absage. Man werde selbst entscheiden,
wann man den Kurs verändere, sagte er.