Peking statt Kopenhagen

 

EDITORIAL

 

17.11.2009 - 20:35

 

Die Frage, ob die globale Erderwärmung noch auf ein erträgliches Maß begrenzt werden kann, wird nicht in Kopenhagen entschieden, sondern zwischen China und den USA ausgehandelt.

 

Deswegen ist es ein Fortschritt, dass sich die Regierungschefs Hu Jintao und Barack Obama bei ihrem Zweiergipfel zumindest im Grundsatz für ein verbindliches Abkommen ausgesprochen haben. Dass die Weltklimaverhandlungen feststecken, liegt an einem klassischen Henne-Ei-Problem: Für einen effektiven Klimaschutz ist es unerlässlich, dass sowohl die USA als auch China ihre Treibhausgasemissionen reduzieren. Und beide sind dazu politisch nicht in der Lage, ohne dass sich der jeweils andere auch dazu verpflichtet. Amerika mag für den größten Teil der bisher ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich sein, weshalb die Welt verständlicherweise ungeduldig darauf wartet, dass sich die USA intern auf ein Klimagesetz einigen. Doch der größte Teil der Emissionen der Zukunft wird aus den Schwellenländern kommen, insbesondere aus China.

 

Diese Perspektive lässt die westliche Welt für gewöhnlich erschauern. Schließlich beharrt Peking darauf, dass die entwickelten Länder zuerst in der Verantwortung stehen, und weigert sich standhaft, sich an internationale Regeln zu binden. Tatsächlich aber hat die politische Führung längst erkannt, dass ein saubereres Wachstum in Chinas eigenem Interesse ist. Die gute Nachricht ist: Das Land hat, lange vor Kopenhagen, damit begonnen, sein Wirtschaftsmodell grüner auszurichten. Als etwa die USA gerade damit anfingen, die Abgase von Fahrzeugen strenger zu regulieren, hatte China schon nationale Effizienz- und Energieintensitätsziele formuliert und in erneuerbare Energien investiert. Bei der Technologie für Solardächer spielt das Land heute schon in der ersten Liga. Es wäre unrealistisch, von China, dessen Pro-Kopf-Einkommen nach wie vor einen Bruchteil des amerikanischen beträgt, in der Substanz mehr zu fordern.

 

Was fehlt, sind Transparenz und Messbarkeit dieser Maßnahmen. Die chinesische Führung will sich bei der Umsetzung ihrer Ambitionen von den entwickelten Ländern partout nicht über die Schulter schauen lassen. Das wäre aber nötig, um die US-Gegner von bindenden internationalen Klimaschutzverpflichtungen umzustimmen.

 

Nur Washington kann Peking dazu bringen, diese Haltung aufzugeben. Die USA müssen China beim Erreichen seiner Klimaziele helfen, indem sie ihm Know-how bereitstellen, auch wenn ihre Unternehmen murren. Die Ankündigung gemeinsamer Forschungsinitiativen auf Gebieten wie sauberer Kohle und Elekroautos ist ein wichtiger vertrauensbildender Schritt. Vor allem aber müssen die USA einen starken politischen Willen demonstrieren, sich selbst verbindliche nationale Reduktionsziele zu setzen - wenn nicht in diesem, dann im nächsten Jahr. Es ist der einzige Schlüssel zu Peking. Und damit der einzige zu einem späteren globalen Abkommen.