Barack Obama - Neuer Grundton

 

28.01.2009

 

Der neue US-Präsident kann die konkreten Probleme im Verhältnis zur arabischen Welt nicht durch nette Worte lösen. Es kann aber nicht schaden, Brücken zur muslimischen Welt zu schlagen.

 

Wie so vieles bei Barack Obama hatte auch diese Geste eine hohe Symbolkraft: Das erste Interview als US-Präsident gewährte Obama dem arabischen Fernsehsender al-Arabija. Er bot der muslimischen Welt eine "neue Partnerschaft in gegenseitigem Respekt" an.

 

Weder die Worte noch der Kanal, den der Präsident gewählt hat, sind für sich genommen eine Revolution. Ähnlich sprach, ebenfalls auf al-Arabija, auch schon Obamas Vorgänger George W. Bush, ohne dass dies das Verhältnis zur arabischen Welt spürbar verbessert hätte. Doch das aktuelle Interview steht in einem völlig anderen Kontext: Der Irakkrieger Bush wandte sich an die Muslime zu einem Zeitpunkt, als in der beiderseitigen Beziehung kaum noch etwas zu retten war. Anlass für die Ansprache waren damals die vorangegangenen Folterungen im Gefängnis Abu Ghraib, für die sich der Präsident entschuldigte. Egal, was Bush sagte, die Rolle des Versöhners konnte er nicht ausfüllen.

 

Obama ist nicht derart vorbelastet und hat deshalb eine reelle Chance, den Beziehungen zur arabischen Welt zumindest einen harmonischeren und kooperativen Grundton zu geben. Diese Chance nutzt er meisterhaft.

 

In welchem Maße ein demonstrativ an den Tag gelegter Kuschelkurs dazu beitragen kann, im Nahen Osten voranzukommen und den Iran zu beeindrucken, ist allerdings vollkommen offen. Symbolische Gesten sagen wenig darüber aus, wie Obama sich verhalten wird, wenn harte Entscheidungen anstehen. In Watte verpackt bekräftigte er die amerikanische Solidarität mit Israel, gegenüber dem Iran will er "alle Mittel der US-Macht, einschließlich der Diplomatie" nutzen. Andere Mittel, etwa militärische Gewalt, schließt das nicht aus. Auch die neue US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, hat schon angekündigt, den Druck auf Iran zu erhöhen, sollte das Land seine Urananreicherung nicht stoppen.

 

In Europa scheinen sich manche der Illusion hinzugeben, alle Probleme in der Region seien von einem unsensiblen und ideologisch verblendeten Cowboy aus Texas losgetreten worden und könnten durch ein neues Amerikabild geheilt werden. Allerdings ist die Vorgeschichte eine völlig andere: Das Terrornetzwerk al-Kaida entstand als Reaktion auf die blendenden Beziehungen zwischen den USA und dem dekadenten saudischen Königshaus. An der Atombombe bastelte der Iran schon vor Bush, und Israelis und Palästinenser bekriegen sich seit mehr als einem halben Jahrhundert.

 

In all diese Konflikte kann Obama momentan lediglich ein stärkeres Engagement und seine noch nicht angekratzte moralische Autorität einbringen. Der Werkzeugkasten, den er zur Verfügung hat, ist nicht praller gefüllt als der seiner Vorgänger. Obama bedient sich der gleichen Instrumente - aber er setzt sie immerhin bisher geschickter ein. Es wird der Moment kommen, an dem es ernst wird. Und erst dann wird sich zeigen, ob das Interview ein bedeutendes Signal war.