4481 TageAls Deutschland die Welt terrorisierte

 

Zwölf Jahre und vier Monate dauerte die Naziherrschaft. Wie lang diese Zeitspanne ist, wird einem klar, wenn man einmal von heute exakt 4481 Tage zurückschaut, auf den mörderischen 11. September 2001.

 

Von Torsten Krauel

 

Heute, am 18. Dezember 2013, ist der 11. September 2001, sind die Angriffe auf das World Trade Center in New York und das Pentagon 4481 Tage her. Eine scheinbar ewig lange Zeit. Eine ganze Jugendgeneration ist inzwischen erwachsen geworden, die die Fernsehbilder nur als Kindheitserinnerung im Gedächtnis hat. Für die Schüler ist "9/11" reine Geschichte.

 

So wie am Ende des zweiten Weltkrieges die Demokratie für alle jungen Deutschen reine Geschichte war, oder höchstens unscharfe Kindheitserinnerung. Denn heute ist der 11. September 2001 genauso lange her wie der 30. Januar 1933 am 8. Mai 1945 – auf den Tag genau.

 

So lange war Hitler das Gesicht über allen Sommern und Wintern. So lange war das Hakenkreuz die Drohung vor der Haustür oder hinterm Horizont, je nachdem ob man in Deutschland oder Amerika lebte.

 

So lange, wie "9/11" jetzt her ist, lebten Millionen Menschen in Angst vor den Nazis und vor den Nazi-Deutschen und dann schließlich vor allen Deutschen. Erst in Deutschland selber, dann in Europa, dann schließlich fast in der ganzen Welt. Genauso lange, wie Osama Bin Ladens Gesicht als Verkörperung al-Qaidas die Gegenwart begleitet, als physisches Sinnbild einer zu Massenmord willigen Bewegunggenauso lange hat Hitler die Welt geängstigt, in Atem gehalten, zur Abwehr genötigt, zu Krieg gezwungen.

 

Tage in Angst und Schrecken

 

Deutschland war in den 30ern und dann bis 1945 al-Qaida – zuerst nur in der Vorstellung der Regimegegner, der rassisch und politisch Gejagten, der Juden in Amerika und einiger weitsichtiger Politiker in London oder Washington, die damals nicht selten für ihre Angstvisionen verlacht und verspottet wurden. Ab 1939, auf heute umgerechnet ab 2007, dann für die meisten.

 

4481 Tage Angst. Und danach? Hilfe für das besiegte Deutschland. Der Westen half den Deutschen, so wie er Afghanistan half, und das war damals unter amerikanischen Wählern genauso umstritten wie heute die Hilfe für das Land am Hindukusch.

 

Der Marshallplan war kein Selbstgänger, im Gegenteil. Deutschland helfen, das war damals für viele Amerikaner und auch Franzosen oder Briten oder Holländer ungefähr so wie heute Afghanistan helfen, diesem Al-Qaida-Nest. Und mit dem Koreakrieg hatten die USA dann auch noch ihren damaligen Irakfeldzug, der scheinbar genauso sinnlos und so überflüssig und so blödsinnig war, wie die Befreiung Iraks von Saddam Hussein heute immer noch angesehen wird. Korea? Japan, sagten damals viele Amerikaner, Japan hatte uns doch überfallen! Was mischen wir uns in Korea ein?

 

Hitler im Nacken

 

Man kann am Abend des 4481. Tages nach Osama Bin Ladens Angriff auf Amerika auch darüber nachdenken, wie viele berufliche Erfolge und privates Glück die Menschen seither in Deutschland und woanders erlebt haben. Und man kann sich fragen, was diese Zeitspanne in einer anderen Epoche bedeutet hätte: Schröder, Merkel 1, 2, 3; die Fußball-WM; fFacebook, Twitter, iPhone; Obamas Wahl und Guttenbergs Aufstieg und Endediese ganze Zeit über hätte Hitlers Gesicht über allen geschwebt.

 

Man kann sich dann fragen, wie es wohl gewesen wäre, wenn wir diese ganze Zeit unter al-Qaidas Herrschaft verbracht hätten – so wie die Menschen nach 1933 Hitler im Nacken hatten. Wieviel Glück zerstört oder nie zustande gekommen wäre. Und wie viele Menschen diese zwölf Jahre und 98 Tage so unsäglich, so furchtbar oder so beschämend gefunden hätten, dass sie ab heute, dem Tag der Befreiung, darüber schweigen und nie wieder etwas davon hätten wissen wollen.