Irans Wirtschaft baut ab
von Wahied
Wahdat-Hagh, Kolumnist für WELT DEBATTE
30.10.2009
Die einheimische
Industrie des Iran erlebt ihren Niedergang und die iranische Mittelschicht wird langsam zerstört.
Als Ursache benennen Experten eine falsche Wirtschaftspolitik
des Iran.
Wie die exiliranische Zeitung „Peykeiran“ am 26.10.2009 berichtete, ist das Importvolumen des Iran in
der Regierungszeit von Präsident Ahmadinejad immens gestiegen. In seinen ersten vier Regierungsjahren
habe der Iran mehr Deviseneinnahmen gehabt als in den 16 Regierungsjahren unter Ali Khamenei
und Akbar Hashemi in den Jahren
von 1981 bis 1997.
Gleichzeitig hatte der
Iran in der ersten Regierungszeit von Ahmadinejad von Juni
2005 bis Juni 2009 rund 339 Milliarden Dollar Deviseneinnahmen. Allein die Einnahmen aus dem
Ölexportgeschäft betrugen
in den ersten vier Jahren seiner Regierungszeit rund 280 Milliarden Dollar. Dieser Betrag war um 43 Milliarden Dollar höher als der Betrag,
den der Iran unter Khameneis und Rafsanjanis Präsidentschaft insgesamt im Devisengeschäft eingenommen hat, hebt „Peykeiran“ hervor.
Importe steigen, Exporte sinken
Die Summe
der Importe in der ersten Regierungszeit
von Ahmadinejad beträgt rund
220 Milliarden Dollar.
Die im
Iran erscheinende Zeitung „Ayande“ berichtete
am 20.10.2009, dass der
Export von iranischen Nicht-Öl-Produkten
drastisch zurückgehe.
Diese Exporte seien
allein in den letzten sechs Monaten um fünf Milliarden Dollar geschrumpft. Was die Handelsbilanz – minus Öl- und Benzingeschäft - anbelangt, habe der Iran gegenwärtig
ein Handelsbilanzdefizit
von 18 Milliarden Dollar im
ersten iranischen Halbjahr seit 21.3.2009, dem Beginn des neuen iranischen Kalenders. Die iranischen Importe - minus Benzin-Importe - haben in den letzten sechs Monaten rund
23,7 Milliarden Dollar betragen, berichtet „Ayande“.
Ahmadinejad
zerstört die iranische Mittelschicht
Als Folge einer
falschen Wirtschaftspolitik
nehmen Arbeitslosigkeit und
Inflation im Iran zu. „Ayande“, die sich auf Daten der iranischen
Zentralbank bezieht, berichtete am 28.10.2009, dass im letzten Jahr
45 Prozent weniger Lizenzen für Wirtschaftsaktivitäten
in den Bereichen der inländischen Industrie und Bauwirtschaft erteilt worden seien. Diese
Zahl zeige deutlich das Schrumpfen der Binnenwirtschaft.
Den einheimischen
Unternehmern fehle das Kapital. Die Mittelschicht bröckelt.
Die Wirtschaft
wird immer mehr von den Revolutionsgardisten
kontrolliert, bekommt einen militärischen Charakter und ähnelt der Kriegswirtschaft.
Klassenunterschiede werden größer
Die Inflation werde weiterhin angeheizt, berichtete Roozonline am 26.10.2009, wenn
die iranische Regierung Zug
um Zug die staatlichen Subventionen
streiche. Die Klassenunterschiede
würden sich dadurch noch mehr
vergrößern und die Gesellschaft
werde sich noch mehr polarisieren.
Das Ansteigen der Benzin- und der Strompreise kann das Gros der iranischen
Gesellschaft wirtschaftlich
schwer treffen.
Das iranische
Pseudoparlament hat in den letzten
Wochen eine entsprechende Gesetzesvorlage zum Abbau von Subventionen
eingebracht. Das Gesetz ist zwar noch
nicht verabschiedet. Roozonline hält es aber für
wahrscheinlich, dass dieses
Gesetz noch bald verabschiedet wird.
Die
besten iranischen Handelsfreunde
In den letzten
sechs Monaten zählten zu den besten iranischen Handelspartnern bei den iranischen Nicht-Öl-Exporten der Irak mit
rund 1,7 Milliarden Dollar
auf dem ersten Platz und China mit 1,3 Milliarden Dollar auf dem zweiten Platz.
Die Arabischen
Emirate, Indien und Afghanistan kommen
der Reihe nach auf Platz drei bis
fünf der iranischen Exporthandelspartner.
Bei den iranischen Importen – minus Benzinimporte - ist die Reihenfolge der Nutznießer anders. Hierzu gibt „Ayande“ nur
Prozentzahlen an: Aus den Arabischen
Emiraten hat der Iran in
den letzten sechs Monaten 26,45 Prozent seiner Importe bezogen. Schon an zweiter Stelle kommt Deutschland mit 9,92 Prozent
der gesamten iranischen Importe. Aus China,
Korea und der Schweiz, die der Reihe nach
Platz drei bis fünf
einnehmen, importiert der Iran weitere Waren.
Der iranische Import – minus Benzin-Importe - würde gegenwärtig jährlich rund 70 Milliarden Dollar betragen, berichtet „Ayande“.
Wie die iranische Zeitung „Ayande“ am 18.10.2009 schrieb, haben im laufenden iranischen
Jahr auch die USA gemeinsam mit den Arabischen Emiraten, Pakistan, Indien und Thailand rund hundertfünfzigtausend Tonnen Reis
in den Iran exportiert.
Der Iran hat im letzten Monat allein
aus den USA 243 Tonnen Reis
importiert. Auch Weizen muss wieder
aus den USA eingeführt Werden.
Schmuggel
„zionistischer Zigaretten“,
von Benzin und von Alkohol
Am 21.10.2009 berichte „Ayande“ von der Gefahr
des Schmuggels zionistischer
Zigaretten. Gemeint ist die auch
im Iran beliebte Marlboro,
die von Phillip Morris produziert werde.
Im Iran gibt es rund 12 Millionen
Zigarettenraucher, bei denen der Konsum
von Marlboro auf großes Interesse
stößt. In einer Fernsehdiskussion über das
Problem des Zigarettenschmuggels hat der Direktor der
iranischen Tabakindustrie eine Packung Marlboro als Warnung in die Kamera gezeigt. Der Zeitung „Ayande“ zufolge sei
jedoch der Werbeeffekt für Marlboro größer gewesen, als der warnende.
„Ayande“ hebt
hervor, dass Marlboro in
den letzten dreißig Jahren den Zigarettenmarkt des
Iran erobert habe. Der Direktor der
iranischen Tabakindustrie
gab zu, dass schon längst ein
Vertrag mit Marlboro, die der Unternehmensgruppe von
Phillip Morris angehört, unterschrieben
worden wäre, wenn der Verdacht
nicht existierte, dass Phillip Morris mit
„Zionisten“ zusammenarbeite.
„Ayande“ berichtete am 26.10.2009, dass in den iranischen Raffinerien täglich 44 Millionen Liter Benzin hergestellt werden.
Davon werden 12 Millionen Liter täglich ins Ausland geschmuggelt. Im Winter nehme erfahrungsgemäß die Menge des Schmuggels ab, wegen der Kälte
in den kurdischen Bergregionen,
über die die Schmuggelrouten laufen. Immer wieder werden
im Iran Schmuggler gefasst, darunter auch Staatsbeamte.
Der Alkoholkonsum der Iraner lässt
tief blicken. Natürlich wird der Alkohol ins Land geschmuggelt. Laut „Ayande“ werden
nach offiziellen Schätzungen täglich Zweihunderttausend Liter Alkohol
in den Iran geschmuggelt.
Der iranische Import würde gegenwärtig jährlich rund 70 Milliarden Dollar betragen. In
den Iran geschmuggelt werden
Waren im Wert von 60 Milliarden Dollar jährlich. D.h. die Menge
von Schmuggelware und offiziellem
Import hat sich annähernd angeglichen.
Betrug gehört auch
zu den Nebentätigkeiten mancher iranischer Staatsbediensteten: Fardanews berichtete am 25.10.2009, dass rund 66 Milliarden Dollar Staatskapital einfach verloren gegangen seien.
Sanktionen
gegen Benzinlieferungen in
den Iran sind möglich
In Anbetracht
der Tatsache, dass das iranische Regime im Atomstreit dem
Westen auf der Nase herumtanzt, können die Beschlüsse des US-Kongresses über Sanktionen gegen Irans Benzinlieferanten auch für die europäischen
Regierungen relevanter werden. Der US-Kongress stimmte Anfang Oktober 2009 neuen Sanktionen gegen Firmen zu,
die Benzin in den Iran liefern.
Der Iran exportiert zwar Öl, muss aber
rund 40 Prozent seines Benzinkonsums importieren.