Kommentare: Scientology in Frankreich wegen Betrugs verurteilt

 

Schwache Justitia

 

Von Dietrich Alexander 28. Oktober 2009, 04:00 Uhr

 

Die französische Scientology-Sprecherin griff tief ins Archiv ihrer Kampfrhetorik: "Moderne Inquisition" sei das Urteil des Pariser Strafgerichtshofs. Die Richter hatten die Sekte mit dem Anspruch, eine Kirche zu sein, zur Zahlung von 600 000 Euro und Bewährungsstrafen für vier Führungsmitglieder wegen organisierten Betrugs verurteilt.

 

Scientology will in Berufung gehen, dabei hätte es viel schlimmer kommen können für die Organisation, die hierzulande unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Der Staatsanwalt in Paris hatte die Auflösung sowie Geldstrafen in Höhe von vier Millionen Euro verlangt. Dass es dazu nach neun Jahre währenden Ermittlungen nicht gekommen ist, hat zwei Gründe, einen gesetzgeberischen und einen gesellschaftspolitischen. Der gesetzgeberische: Im Zuge eines Reformpakets zur Rechtsvereinfachung wurde ein Strafrechtspassus "aus Versehen" gestrichen, der ein Verbot ermöglicht hätte. Der gesellschaftspolitische: Das Gericht hätte sich natürlich zur Urteilsverkündung auf einen Zeitpunkt vertagen können, da der fehlende Zusatz wieder eingepflegt worden wäre. Doch dazu fehlte offenbar der Wille. Ein Verbot, so erklärte das Gericht, hätte die Sekte in den Untergrund gedrängt und damit unkontrollierbar gemacht.

 

Obschon Scientology krimineller Machenschaften überführt wurde, zieht die französische Justiz nicht die daraus resultierende Konsequenz. Scientology kann die Geldstrafen aus der Portokasse begleichen und weiter Quasi-Enteignungen vornehmen. Kein Ruhmesblatt für Justitia. Herzlichen Glückwunsch, Scientology!