Obamas Annäherung an den Islam
Richard
Herzinger
von Richard Herzinger
04.06.2009
Deutlicher als je zuvor
bei einem US-Präsidenten hat sich Barack Obama
in seiner Kairoer Rede von Israels Besatzungspolitik distanziert. Er stellte aber auch
klar, dass die islamische Welt Israels Existenz akzeptieren müsse.
Barack Obamas
Rede in Kairo wird als bahnbrechende
Annäherung an den Islam gerühmt. Um das Ohr möglichst vieler Muslime zu erreichen,
ist der US-Präsident dabei jedoch nicht ganz
ohne pauschalisierende rhetorische Zugeständnisse ausgekommen.
Obama sprach
von einer „Zeit der Spannungen zwischen den USA und Muslimen in der ganzen Welt“. Damit erweckte er den Eindruck, er habe
an der amerikanischen Haltung zur „islamischen
Welt“ Grundlegendes zu korrigieren. Doch auch die Regierung
Bush hatte niemals „den Muslimen“ den Kampf
angesagt. Ganz im Gegenteil – Bush hatte unmittelbar nach dem 11. September demonstrativ eine Moschee besucht und betonte stets, dass der Kampf gegen
den Terror nicht zuletzt dem Schutz der
muslimischen Gesellschaften
dient, die das bevorzugte Ziel der Terroristen
sind.
Deutliche
Distanzierung von Israels Besatzungspolitik
Obamas Nimbus als Erneuerer des Weltfriedens und
seine muslimische Abstammung
geben ihm jedoch eine weit
bessere Chance, zur muslimischen Öffentlichkeit durchzudringen. Die hat er mit einer fundierten,
differenzierten Rede über das Verhältnis der Zivilisationen und Religionen alles in allem gut genutzt.
Deutlicher als je zuvor
bei einem US-Präsidenten fiel die Distanzierung von Israels Besatzungspolitik in Palästina aus. Unmissverständlich klar machte Obama aber auch, dass
die islamische Welt Israels
Existenz endgültig akzeptieren müsse. Das Ausmaß von Israels Bedrohung durch den Iran und
seine Schützlinge Hamas und Hisbollah
benannte er freilich nur undeutlich.
Obama wollte
den Ton der muslimischen Öffentlichkeit treffen – und muss
hoffen, dass ihm dies von islamischen Führern nicht als
weichliches Reuebekenntnis ausgelegt wird. Immerhin, er hat ihnen auch deutliche
Forderung nicht erspart, bis hin
zur Anmahnung von Demokratisierung und Frauenrechten.
Alle zentralen Themen des von ihm angestrebten Dialogs hat Obama in Kairo
offen auf den Tisch gelegt. Jetzt wird
sich zeigen, ob Worte tatsächlich der Anfang einer
Veränderung der Welt sein können.