CIA-Ärzte halfen bei Folter – Schande für den Westen

Torsten Krauel

von Torsten Krauel, Korrespondent in Washington

08.04.2009

Der Bericht des Roten Kreuzes über das US-Gefangenenlager Guantánamo gewährt Einblicke in eine Welt, die nicht dem Standard von Ländern entspricht, mit denen man in einer Werteallianz verbündet sein möchte.

Über zwei Dinge besteht mit Blick auf die Verhöre von Al-Qaida-Verdächtigen kein Zweifel. Zum einen hätten die Verhörten ihrerseits Amerikaner, von denen sie Auskünfte erwarteten, weitaus brutaler behandelt, ohne medizinische Begleitung. Zum anderen unterschieden sich die CIA-Vernehmungen gerade deshalb von Al Qaida-Folterorten kaum so eindeutig, wie es das Völkerrecht nahegelegt haben sollte.

Deutsche haben zwar seit 1945 wenig Anlass, über andere moralisch den Stab zu brechen. Doch der Bericht des Roten Kreuzes gewährt Einblicke in eine Welt, die nicht dem Standard von Ländern entspricht, mit denen man in einer Werteallianz verbündet sein möchte. Auch wenn er nur auf Al-Qaida-Aussagen beruht – es darf unterstellt werden, dass die Rotkreuz-Berichterstatter Glaubhaftes von Übertreibungen zu unterscheiden wussten.

"Verschärfte Verhörmethoden" gehören der Vergangenheit an

Die „verschärften Verhörmethoden“ gehören der Vergangenheit an. Bei ihrer Anwendung spielte der Schock des 11.September ebenso eine Rolle wie die Nachwirkung der monatelangen Folterung des Beiruter CIA-Stationschefs William Buckley vor 25 Jahren durch den Arzt und Terroristen Imad Mugnijeh, der die Folter auf Video festgehalten hatte. Es spielt in der CIA-Tradition eine beträchtliche Rolle. Ob nachgeholte Rache oder Kalkül oder beides: Manche aus der CIA sagen heute, die Methoden hätten die US-Ermittler auf falsche Spuren geführt, weil die Verhörten unter dem Druck logen.

Andere, wie der frühere Vizepräsident Dick Cheney, zeigen sich unbeeindruckt. Eine amerikanische Wahrheitskommission könnte versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen. Sie würde aber vermutlich nur bestätigen, was schon heute zu ahnen ist – das Auftreten der CIA nach 2001 war eine Schande für die westliche Wertegemeinschaft.