Amerika braucht eine
neue Vision
Jamie F. Metzl
von Jamie F. Metzl, Executive Vice President der
Asia Society
20.08.2008
Als
Bush in Peking von der Zuschauertribüne
winkte, marschierte Russland in Georgien ein, Amerikas engstem
Partner im Kaukasus. Russlands Botschaft: Amerika kann euch nicht
beschützen.
Der
8. August 2008 wird uns vielleicht
eines Tages als der erste
Tag des postamerikanischen Zeitalters
in Erinnerung bleiben.
Vielleicht wird man ihn auch als
einen zweiten „Sputnikschock“ im
Gedächtnis behalten. Die Macht und Symbolik der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking am 8. August war unmissverständlich. Das Multimediaspektakel
hat bei Weitem nicht nur Chinas 5000-jährige
Geschichte nachgezeichnet; es
war ein Statement, dass
China eine große Zivilisation ist, die ihren rechtmäßigen Platz in der globalen
Hierarchie fordert und verdient.
Auch eine andere
Symbolik war eindeutig: Präsident Bush winkte fröhlich von seinem Platz auf der unüberdachten
Tribüne, während der chinesische Präsident Hu Jintao
hinter einem thronähnlichen
Drachen saß. Es ist schwer vorstellbar,
dass die chinesische Regierung dieses krasse Bild des amerikanischen Niedergangs nicht so orchestriert hätte.
Eine eindeutige Strategie fehlt
In genau dem Augenblick,
in dem Bush von der Zuschauertribüne winkte, marschierte Russland in Georgien ein, Amerikas
engstem Partner im Kaukasus. Russlands Botschaft war eindeutig: Amerika kann euch nicht
beschützen. Beängstigenderweise
hatten die Russen wahrscheinlich recht. Aufgrund des Schlamassels im Irak fällt
es Amerika schwer, auf der Welt Stärke zu demonstrieren,
zudem ist es durch die Kombination
verschiedener Faktoren zu einem strauchelnden
Koloss geworden: sein steigender Schuldenberg, Konflikte mit Freunden und Feinden gleichermaßen, das Fehlen einer eindeutigen
Strategie für die sich wandelnden Zeiten und die scheinbare Unfähigkeit seines politischen
Systems, auf diese Herausforderungen
einzugehen.
So sehr wir alle
den Aufstieg neuer Mächte wie China und Indien begrüßen, bleibt abzuwarten, ob sie sich zu
einer so wohlwollenden Macht entwickeln, wie es Amerika
trotz seiner Fehler im letzten halben
Jahrhundert war. Die Weltgemeinschaft ist
noch nicht so weit, und bis sie
das ist, braucht die Welt eine neue Art amerikanischen
Führer, der in der Lage ist,
die Amerikaner dazu zu inspirieren, ihre Probleme zu
Hause zu lösen und mit ihren
Partnern auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten,
um eine gemeinsame Agenda voranzutreiben, die so kühn und fortschrittlich ist wie die Weltordnung, die aus der Asche
des Zweiten Weltkriegs errichtet wurde. Die Olympischen Spiele in Peking könnten als neuer
„Sputnikschock“ für die USA
in die Geschichte eingehen und das Land dazu inspirieren, sich auf sinnvolle Weise der Musik einer
Welt im Wandel zuzuwenden.