Was Barack Obama und die Israel-Lobby eint

 

Von Lord George Weidenfeld

 

14 Juni 2008

 

Der Kandidat der amerikanischen Demokraten, Barack Obama, macht Wahlkampf mit Hilfe der jüdischen Lobby Amerikas. Dabei geht er weiter als viele Präsidentschaftsanwärter vor ihm: Obama fordert ein "ungeteiltes Jerusalem" und droht dem Iran mit "grenzenlosen" Maßnahmen gegen die Atomwaffenproduktion.

 

Bei den Demokraten spielen sich unerquickliche Szenen in den Lagern von Hillary Clinton und Barack Obama ab. Eine enge Mitarbeiterin der Clinton-Kampagne kehrte vom Wahlkampf nach London zurück und schüttete ihr Herz aus über den "Verrat" alter Partisanen des Ehepaares, geheime Listen von "Grenzüberläufern" und dem arroganten Benehmen der Alt-Clintonians gegenüber dem jüngeren Nachwuchs.

 

 

In allem Ernst sehen manche in der beliebten Tochter Chelsea eine vielversprechende Kandidatin in 16 Jahren. Einer der Hauptgründe für die offizielle Versöhnung von Clinton und Obama scheint zu sein, dass es der Senatorin ermöglicht wird, sich ihre finanziellen Beiträge zur Wahlkampfkasse vom Sieger zurückerstatten zu lassen, was völlig legitim ist.

 

Verwirrend für viele Wähler sind die widersprüchlichen Erklärungen, die Obama zu den strittigsten Fragen der Außenpolitik abgab. Auf die allerschwierigste Frage des Augenblicks: "Wie geht es mit Iran weiter?", gibt Obama zweideutige Antworten. Vor liberalen Studenten gibt er sich als bewusster Pazifist. Vor der proisraelischen AIPAC-Gruppe, die kurz genannt als jüdische Lobby gepriesen beziehungsweise verdammt wird, erklärte er im Brustton tiefster Überzeugung jedoch, es gäbe keine Grenzen, den Iran an der Atomwaffenproduktion zu hindern.

 

Auch sprach er sich für ein "ungeteiltes Jerusalem" aus, eine Formel wie sie selbst die überzeugtesten Freunde des Judenstaates nicht so deutlich auszudrücken wagen. Zwar versuchten seine Sprecher später, die Höhepunkte seiner so positiven, proisraelischen Rede abzuschwächen. Doch im arabischen Raum war der Sturm der Entrüstung groß.

 

Kommentare von arabischer Seite, Leitartikel in der syrischen, ägyptischen und, vor allem, iranischen Presse bezichtigten ihn der Doppelzüngigkeit, und ein Hamas-Sprecher in Gaza ging so weit, ihn als Kreatur der Israelis, "zionistischen Pudel" und Verräter an der arabischen Sache zu bezeichnen. Die Zwiespältigkeit während eines Wahlkampfes mag unvermeidlich sein, doch sie könnte beträchtliche Schwierigkeiten mit sich bringen, sollte Obama Präsident werden.

 

In Europa misst man den Bemühungen der allgemein so überschätzten jüdischen Lobby Amerikas eine viel größere Bedeutung zu, als sie besitzt. Sehr aktiv ist inzwischen auch die arabische Propaganda, besonders an den Universitäten.

 

Zentren für Nahoststudien und islamische Kultur an Eliteuniversitäten der englischsprachigen Welt erfreuen sich generöser finanzieller Unterstützung. In den letzten zehn Jahren wurden 270 Millionen Euro dafür ausgegeben. Hinzu kommen die religiösen Schulen, die Madrassen, die vor allem von den radikalen saudi-arabischen Wahhabiten inspiriert und geleitet werden.

 

Vermehrt gibt es auch akademische Boykotte, die gegen wissenschaftliche Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten und Wissenschaftskollegs gerichtet sind.

 

Sie verstoßen gegen die elementaren Grundsätze akademischer Freiheit. Der nächste US-Präsident wird, was immer er im Trubel eines bitteren Wahlkampfs gesagt oder verschwiegen hat, sich besonders der geistigen Entgiftung widmen müssen