Wie stark sind die Chinesen?
Kommentar
Von Jutta Lietsch
Zwischen dem chinesischen
Festland mit seinen 1,3 Milliarden
Menschen und der
23-Millionen-Insel Taiwan ist es
ruhiger geworden. Seit der konservative
Präsident Ma Ying-jeow 2007
den hitzköpfigen Chen Shui-bian
abgelöst hat, gehen beide Regierungen freundlicher denn je miteinander um. Der jüngste Streit um amerikanische Waffenlieferungen im Wert von fast 6,4 Milliarden Dollar zeigt allerdings, wie zerbrechlich die Lage an der Taiwan-Straße noch immer ist.
Die taiwanische
Regierung weiß sehr wohl, dass
die Insel ihre demokratischen Freiheiten und ihre De-facto-Unabhängigkeit nur dem Schutz
Washingtons verdankt. Mit dem Waffendeal
zeigt Taipei sich bei der amerikanischen
Rüstungsindustrie und dem
US-Militär erkenntlich.
Dabei ist klar, dass die "Defensivwaffen" nur zur Abschreckung dienen. Im besten
Fall könnten sie dazu beitragen, bei einem Angriff
des Festlands Zeit zu gewinnen - so lange, bis die Taiwaner die Weltöffentlichkeit gegen Peking mobilisiert haben.
Die scharfen
Worte aus Peking gegen die Lieferungen kommen deshalb nicht unerwartet. Die Kritik soll die US-amerikanische Regierung, aber auch die Stimmung
im Land testen. Denn zum ersten Mal drohen Chinas Politiker nicht nur mit
politischen Konsequenzen, sondern auch mit
wirtschaftlichen Sanktionen
gegen US-Firmen. Da der US-Kongress
dem Geschäft innerhalb eines Monats zustimmen muss, wird sich nun weisen,
wie stark Amerikas Politiker und Firmen noch hinter Taiwan stehen.
Wichtigster Adressat der Warnungen sind
aber nicht die USA oder die Taiwaner, es sind die chinesische
Bevölkerung und das Militär.
Ihnen soll vermittelt werden, dass die KP-Führung sich nicht mehr
alles bieten lässt, selbst von der Supermacht USA nicht.