In Berlin wählen Amerikaner demokratisch

 

Die Präsidentschaftswahl in den USA beschäftigt viele Berliner. Vor allem die mit amerikanischem Pass. Deren überwiegende Mehrheit sympathisiert mit Barack Obama. Für Spätentschlossene gibt es Last-Minute-Formulare. Die Berliner Democrats bereit schon die Party in der Wahlnacht vor.

 

VON JENNY MARRENBACH

 

Es ist die letzte Anstrengung vor den Präsidentschaftswahlen in den USA. Noch einmal haben die Democrats Abroad (demsinberlin), der Berliner Zweig der Demokratischen Partei Amerikas, ihre Flyer ausgepackt. Noch einmal haben die American Voices Abroad (AVA), eine den Demokraten nahestehenden Vereinigung, ein Infotischchen zur Wahlregistrierung aufgebaut. Am Rande der Veranstaltungsreihe "Wie wählt Amerika" im Amerikahaus am Bahnhof Zoologischer Garten zeigen sie so kurz vor der Präsidentschaftswahl am 4. November ein letztes Mal Präsenz.

 

Laut Statistischem Bundesamt sind knapp 100.000 Amerikaner in Deutschland gemeldet, etwa 12.500 davon in Berlin. Doch da könnten noch gut 8.000 Wahlberechtigte hinzukommen, schätzt Michael Stelzer, Vorsitzender der demsinberlin. Denn viele US-Amerikaner seien wegen doppelter Staatsbürgerschaft oder eines Studentenaufenthalts nicht in deutschen Statistiken erfasst.

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Das bedeutet jedoch nicht, dass die geschätzten 20.000 Berliner Amerikaner zwischen Barack Obama und John McCain wählen dürfen. Dafür muss sich jeder Einzelne registrieren lassen - bei der Wahlbehörde des US-Bundesstaates, in dem er zuletzt gelebt hat. Dort würde dann auch das Votum gezählt. "In Swing States wie Florida können die Stimmen aus dem Ausland entscheidend sein", sagt Stelzer. Swing States, das sind die Staaten, bei denen das Wahlergebnis noch auf der Kippe steht.

 

Der Kampf um die Stimmen der "absentees", wie die im Ausland lebenden US-Amerikaner offiziell heißen, begann für die demsinberlin bereits Anfang des Jahres. Very american wurden die Berliner per Telefon zum Wählen aufgefordert. Überarbeitet hat sich allerdings keines der 1.200 Mitglieder der Berliner Demokraten. "Wenn ein Amerikaner von hier aus seine Stimme abgibt, dann fast immer für die Demokraten", sagt Jerry Gerber, Sprecher der demsinberlin. Es gehe vielmehr darum, die Nichtwähler zu aktivieren.

 

"In diesem Jahr hatten wir über 700 Wahlregistrierungen, 300 davon an dem Tag, als Obama in Berlin war", sagt Alan Benson, bei AVA für die Akquise der Wahlwilligen in Berlin zuständig. Im Vergleich zu den letzten Wahlen sei das viel. Nun berät Benson diejenigen, die sich in letzter Minute zum Wählen entschlossen haben oder bei denen es Probleme mit den Formalitäten gibt. Über sein Hemd hat Benson ein selbstbedrucktes T-Shirt gezogen. Ein etwas dicklicher Uncle Sam ist darauf und die Aufforderung "I want you to vote absentee".

 

Für Elsa Rassbach ist Bensons Stand eine willkommene Rettung. "Meine Briefwahlunterlagen sind mir noch immer nicht zugeschickt worden", erklärt die aus Colorado stammende Filmemacherin. Viel Zeit für aufwendigen Briefverkehr bleibt nicht mehr. Benson gibt ihr das "write-in ballot form", eine Art Last-Minute-Formular, bei dem man seine persönlichen Daten und den gewünschten Präsidentschaftskandidaten gleich zusammen angibt. Ob die Stimme gezählt wird, liegt nun in der Hand der transatlantischen Post.

 

Im Foyer des Amerikahauses werden Wein und Salzstangen gereicht. Die in Berlin lebenden Amerikaner halten offensichtlich nichts von Junkfood und Budweiser. "Die sind hier eben eher cosmopolitan", beschreibt Alan Benson die amerikanischen Berliner. Viele seien aus der Kunst- und Musikszene.

 

So auch Madeleine Coffaro und Kitty Ruderman. Die beiden leben seit vielen Jahren in Berlin. "Hier sind die Arbeitsbedingungen für uns viel besser", sagt Coffaro, die Künstlerin aus dem Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten. "Ich hoffe und bete jeden Tag, dass Obama dran kommt", sagt Ruderman und fügt hinzu: "We need this change." Aber sie befürchte das Schlimmste, unter den Amerikanern versteckten sich zu viele Rassisten. Außer in Berlin. Hier würden sie nicht einmal einen Republikaner kennen, sagen Coffaro und Ruderman.

 

Das hätte sich an diesem Abend im Amerikahaus kaum ändern können. Der wohl einzige anwesende Republikaner heißt Jan Burdinski. Der 39-Jährige ist Programmdirektor beim Verein Republicans Abroad Germany - und Deutscher, wie rund 80 Prozent der Berliner Mitglieder, sagt Burdinski. Er habe schon immer Amerika und die republikanischen Werte geliebt. Auf seiner Visitenkarte steht: "Strong Defense - Low Taxes - Individual Freedom". Am Rever seines Nadelstreifensakkos prangt der unumgänglichen McCain/Palin-Button. Unter der Manschette baumelt ein rotes Plastikarmband mit der Aufschrift "Dont tax me bro" - was sich mit "Besteuer mich nicht, Bruder" übersetzen ließe.

 

Vor der Wahl seien keine Aktivitäten mehr geplant, sagt der Republikaner Burdinski. Ehrlich gesagt habe es auch nie wirklich viele gegeben. Dazu fehle es dem 50-köpfigen Verein an Personal und an einer Telefondatenbank, wie sie die Demokraten hätten. "Wir sind eher in Gebieten wie Kaiserslautern und Rammstein aktiv, wo amerikanische Armeestützpunkte sind", erklärt Burdinski.

 

Grund zum Tanzen

 

Für Alan Benson hingegen zählt Berlin. Sechs "absentees" konnte er im Laufe des Abends mit einem "write-in ballot form" versorgen. Damit ist der Wahlkampf um die Berliner Amerikaner gelaufen. Eine Mitarbeiterin Bensons bringt noch frisch gedruckte Flyer für die Wahlnachtsparty der Democrats. Dort soll es amerikanisches Essen geben, Musik bis in den Morgen und natürlich die Wahlergebnisse. Benson ist optimistisch, dass es Grund zum Tanzen gibt.

 

JENNY MARRENBACH

 

Es ist die letzte Anstrengung vor den Präsidentschaftswahlen in den USA. Noch einmal haben die Democrats Abroad (demsinberlin), der Berliner Zweig der Demokratischen Partei Amerikas, ihre Flyer ausgepackt. Noch einmal haben die American Voices Abroad (AVA), eine den Demokraten nahestehenden Vereinigung, ein Infotischchen zur Wahlregistrierung aufgebaut. Am Rande der Veranstaltungsreihe "Wie wählt Amerika" im Amerikahaus am Bahnhof Zoologischer Garten zeigen sie so kurz vor der Präsidentschaftswahl am 4. November ein letztes Mal Präsenz.

 

Laut Statistischem Bundesamt sind knapp 100.000 Amerikaner in Deutschland gemeldet, etwa 12.500 davon in Berlin. Doch da könnten noch gut 8.000 Wahlberechtigte hinzukommen, schätzt Michael Stelzer, Vorsitzender der demsinberlin. Denn viele US-Amerikaner seien wegen doppelter Staatsbürgerschaft oder eines Studentenaufenthalts nicht in deutschen Statistiken erfasst.

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Das bedeutet jedoch nicht, dass die geschätzten 20.000 Berliner Amerikaner zwischen Barack Obama und John McCain wählen dürfen. Dafür muss sich jeder Einzelne registrieren lassen - bei der Wahlbehörde des US-Bundesstaates, in dem er zuletzt gelebt hat. Dort würde dann auch das Votum gezählt. "In Swing States wie Florida können die Stimmen aus dem Ausland entscheidend sein", sagt Stelzer. Swing States, das sind die Staaten, bei denen das Wahlergebnis noch auf der Kippe steht.

 

Der Kampf um die Stimmen der "absentees", wie die im Ausland lebenden US-Amerikaner offiziell heißen, begann für die demsinberlin bereits Anfang des Jahres. Very american wurden die Berliner per Telefon zum Wählen aufgefordert. Überarbeitet hat sich allerdings keines der 1.200 Mitglieder der Berliner Demokraten. "Wenn ein Amerikaner von hier aus seine Stimme abgibt, dann fast immer für die Demokraten", sagt Jerry Gerber, Sprecher der demsinberlin. Es gehe vielmehr darum, die Nichtwähler zu aktivieren.

 

"In diesem Jahr hatten wir über 700 Wahlregistrierungen, 300 davon an dem Tag, als Obama in Berlin war", sagt Alan Benson, bei AVA für die Akquise der Wahlwilligen in Berlin zuständig. Im Vergleich zu den letzten Wahlen sei das viel. Nun berät Benson diejenigen, die sich in letzter Minute zum Wählen entschlossen haben oder bei denen es Probleme mit den Formalitäten gibt. Über sein Hemd hat Benson ein selbstbedrucktes T-Shirt gezogen. Ein etwas dicklicher Uncle Sam ist darauf und die Aufforderung "I want you to vote absentee".

 

Für Elsa Rassbach ist Bensons Stand eine willkommene Rettung. "Meine Briefwahlunterlagen sind mir noch immer nicht zugeschickt worden", erklärt die aus Colorado stammende Filmemacherin. Viel Zeit für aufwendigen Briefverkehr bleibt nicht mehr. Benson gibt ihr das "write-in ballot form", eine Art Last-Minute-Formular, bei dem man seine persönlichen Daten und den gewünschten Präsidentschaftskandidaten gleich zusammen angibt. Ob die Stimme gezählt wird, liegt nun in der Hand der transatlantischen Post.

 

Im Foyer des Amerikahauses werden Wein und Salzstangen gereicht. Die in Berlin lebenden Amerikaner halten offensichtlich nichts von Junkfood und Budweiser. "Die sind hier eben eher cosmopolitan", beschreibt Alan Benson die amerikanischen Berliner. Viele seien aus der Kunst- und Musikszene.

 

So auch Madeleine Coffaro und Kitty Ruderman. Die beiden leben seit vielen Jahren in Berlin. "Hier sind die Arbeitsbedingungen für uns viel besser", sagt Coffaro, die Künstlerin aus dem Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten. "Ich hoffe und bete jeden Tag, dass Obama dran kommt", sagt Ruderman und fügt hinzu: "We need this change." Aber sie befürchte das Schlimmste, unter den Amerikanern versteckten sich zu viele Rassisten. Außer in Berlin. Hier würden sie nicht einmal einen Republikaner kennen, sagen Coffaro und Ruderman.

 

Das hätte sich an diesem Abend im Amerikahaus kaum ändern können. Der wohl einzige anwesende Republikaner heißt Jan Burdinski. Der 39-Jährige ist Programmdirektor beim Verein Republicans Abroad Germany - und Deutscher, wie rund 80 Prozent der Berliner Mitglieder, sagt Burdinski. Er habe schon immer Amerika und die republikanischen Werte geliebt. Auf seiner Visitenkarte steht: "Strong Defense - Low Taxes - Individual Freedom". Am Rever seines Nadelstreifensakkos prangt der unumgänglichen McCain/Palin-Button. Unter der Manschette baumelt ein rotes Plastikarmband mit der Aufschrift "Dont tax me bro" - was sich mit "Besteuer mich nicht, Bruder" übersetzen ließe.

 

Vor der Wahl seien keine Aktivitäten mehr geplant, sagt der Republikaner Burdinski. Ehrlich gesagt habe es auch nie wirklich viele gegeben. Dazu fehle es dem 50-köpfigen Verein an Personal und an einer Telefondatenbank, wie sie die Demokraten hätten. "Wir sind eher in Gebieten wie Kaiserslautern und Rammstein aktiv, wo amerikanische Armeestützpunkte sind", erklärt Burdinski.

 

Grund zum Tanzen

 

Für Alan Benson hingegen zählt Berlin. Sechs "absentees" konnte er im Laufe des Abends mit einem "write-in ballot form" versorgen. Damit ist der Wahlkampf um die Berliner Amerikaner gelaufen. Eine Mitarbeiterin Bensons bringt noch frisch gedruckte Flyer für die Wahlnachtsparty der Democrats. Dort soll es amerikanisches Essen geben, Musik bis in den Morgen und natürlich die Wahlergebnisse. Benson ist optimistisch, dass es Grund zum Tanzen gibt.

 

JENNY MARRENBACH