China demonstriert
dem Westen seine Macht
Montag, 25. August 2008 02:39 - Von Hajo
Schumacher
Abschlussfeier, Lobgehudel, Heimflug. Olympia ist
vorbei. Bleibt etwas, außer dem
schalen Gefühl, dass nichts richtig
echt war, weder das singende Mädchen bei der Eröffnung
noch die Tibeter-Darsteller,
noch manche Sportler, die Mutanten glichen? Oh ja!
Diese Spiele hatten einen
hohen pädagogischen Wert.
Denn nichts von dem, was
die westliche Wertegemeinschaft
sich versprochen hatte, ist eingetreten.
Mit Olympia kämen erst Öffnung und dann Demokratie, hieß die herrschende Lehre noch vor
vier Wochen, die Spiele würden das Weltreich verändern. Schäuble sagt das noch heute,
sogar "nachhaltig"
habe sich China verändert, glaubt Deutschlands Innenminister.
Die Wirklichkeit: China hat sich
exakt so weit geöffnet, wie es
musste. Für die Weltöffentlichkeit wurde eine Transitzone geschaffen, in der ausgesuchte Servicekräfte den
Mythos vom zauberhaften Asien zelebrierten. An den gesellschaftlichen Verhältnissen im Riesenreich hat Olympia nicht viel mehr geändert,
als das chinesische Selbstbewusstsein zu heben.
Die Sportspiele
haben eindrucksvoll gezeigt, wie sehr
der Westen in einer selbst aufgestellten
Falle aus Arroganz und Naivität steckt. 1992 formulierte der amerikanische Politologe Francis Fukuyama die steile
These vom Ende der Geschichte, ein kaum verklausuliertes
Triumphgeheul, weil nach dem Ende
der UdSSR nun die universellen Werte des Westens ihren Siegeszug
um die Welt antreten würden.
Konservative und Linke waren sich stillschweigend
einig, dass früher oder
später jedes Land der Welt Markt und Menschenrechte einführen würde, gleichsam evolutionär. Ökonomie gebe es eben nicht ohne
Demokratie und umgekehrt.
Das Gegenteil
ist geschehen.
China vereint Wirtschaftsmacht
und Kollektivgesellschaft selbstbewusst.
Pekings Führung hat mit diesen Olympischen
Spielen eindrucksvoll gezeigt, dass die westlichen Werte nicht erstrebenswert, sondern herzlich egal sind.
Der gefeierte Regisseur Zhang Yimou erklärte, warum Chinas Gehorsamskultur dem Westen weit
überlegen sei.
Vor allem aber
hat Olympia gezeigt, dass
das größte Volk der Welt ein gemeinsames Ziel hat. Denn bei aller Camouflage und Kulissenschieberei der letzten Wochen ist völlig
klar geworden: Hier kämpft kein
Entwicklungsland um sein Ansehen in Washington, London oder
Berlin, sondern ein Riesenreich um globale Macht.
In diesen
olympischen Tagen hat sich auch eine
zweite westliche Naivität flugs erledigt. Der Einmarsch russischer
Truppen in Georgien hat gezeigt, dass auch
Moskau keinerlei Absicht hegt, Politikstil
und Gesellschaftsmodell des Westens
nachzueifern. Auch hier eine klare
Ausrichtung: autokratische Großmachtpolitik. Weder eine fahrige EU noch ein ausgezehrtes
transatlantisches Bündnis haben den Expansionsgelüsten in Moskau und Peking derzeit etwas entgegenzusetzen. Ein lehrreicher Sommer. Seite 25